Klagenfurt - In Kärnten sorgt neuerlich eine behördliche "Verlegung" von Flüchtlingen für Empörung. Vergangenen Freitag sollte die fünfköpfige Familie A. aus Tschetschenien in einer "Nacht- und Nebelaktion" gegen ihren Willen in die Steiermark "abgeschoben" werden. Dies trotz massiver Proteste des Flüchtlingshilfswerks UNHCR und des Betreuungsvereins Aspis. Frau A. erlitt während der Behördenaktion einen psychischen Zusammenbruch und musste ins Landeskrankenhaus Klagenfurt eingeliefert werden. Der herbeigerufene Notarzt riet dringend von einer Verlegung ab. Vergeblich. Auch die bisherige Quartiergeberin vom Pirkerhof bei Krumpendorf wies der von Kriegserlebnissen schwer traumatisierten Familie die Tür. Der Vater, ein Historiker der Universität Grosny, der gemeinsam mit seiner fünfjährigen Tochter entführt und vor ihren Augen gefoltert worden war, irrte danach mit seinen drei Kindern umher, bis er durch Aspis in einer Jugendherberge vorübergehend Unterkunft fand. Aspis wirft dem Kärntner Flüchtlingsreferat nun "Behördenwillkür und Missbrauch einer Machtposition" vor. Aspis-Obmann und Psychotherapeut Klaus Ottomeyer spricht von einer "menschenverachtenden Disziplinierungsmaßnahme", weil sich die Familie mehrfach beschwert habe. So sei dem Uni-Lehrer verboten worden, einen geschenkten Computer zu benutzen. Er habe sich auch nicht mit verwässerter Milch für die Kinder zufrieden gegeben. Daraufhin habe das Flüchtlingsreferat die Verlegung binnen 24 Stunden angeordnet. SPÖ-Menschenrechtssprecher Walter Posch will nun eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Strasser stellen. Der Kärntner Flüchtlingsbeauftragte Gernot Steiner weist die Vorwürfe zurück. Der Quartierwechsel sei "auf eigenen Wunsch erfolgt, weil die Familie in Kärnten nicht zufrieden war". (DER STANDARD Print-Ausgabe, 22. 5. 2001)