Paris - Die drei Auszeichnungen für Michael Hanekes "Die Klavierspielerin" und die Goldene Palme für Nanni Morettis "Das Zimmer des Sohnes" sind für die französische Tageszeitung "Le Figaro" ein Beweis für die "Vorherrschaft des Alten Kontinents" bei der 54. Ausgabe der Filmfestspiele von Cannes. Die Europäer haben für den "Figaro" eine "begeisternde kreative Dynamik" an den Tag gelegen, die Amerikaner dagegen "waren interessant und angenehm, aber nicht außerordentlich markant". Zur Verfilmung des Jelinek-Romans schreibt "Le Figaro", dass Haneke mit der "dunklen Rigorosität seiner Skalpell-Kamera" vorgegangen sei. "Bei Haneke (gibt es) die Musik, welche die Bestrebung und die Neurose eines verschrieenen Österreich deutlich macht", liest man in dem Artikel. Liberation: Gleich drei Preise für die Klavierspielerin sind etwas übertrieben Für "Liberation" wurde heuer "die Operation des Ritterschlags des europäischen Kinos durch das Festival von Cannes fortgesetzt". "In dem Zusammenhang kann man es als etwas übertrieben beurteilen, dass 'Die Klavierspielerin' alleine drei bedeutende Preise eingeheimst hat. (...) Nach der im Vorjahr mit 'Code inconnu' erlebten Kränkung, kann sich Haneke zu dieser Kehrtwendung des Festivals beglückwünschen. Aber die Umkehr ist auch ihm zu verdanken, zumal er sich bei der Verfilmung des Romans von Elfriede Jelinek all seiner früheren moralistischen Reflexe entledigt, um mit einem bedeutend ungezügelteren und kränkenderen Kino wieder munter zu werden", liest man in dem Artikel wörtlich. France Soir: Isabelle Huppert, die Gekrönte, herrschte gestern Abend auch über die Welt "Huppert und Magimel in einem österreichischen Film gekrönt", heißt es in der Montag-Ausgabe der Tageszeitung "France Soir". "Wagemutig, bemerkenswert und meisterhaft mit ihrem Schweigen und ihren Wutausbrüchen ist Isabelle Huppert, die Diskrete, tatsächlich, wie Haneke sagt, 'die größte europäische Schauspielerin'. Gestern Abend herrschte sie auch unumstritten über die Welt", heißt es in dem Artikel weiter. Le Parisien: Keiner der beim Wettbewerb vorgestellten französischen Filme hat irgend etwas erhalten "Die Krönung von Isabelle" titelt die Tageszeitung "Le Parisien" am Montag auf der ersten Seite. "Cannes war gewissermaßen daran gelegen, gleichzeitig den Wagemut und die Rührung zu begrüßen. Das Gefühl mit 'Das Zimmer des Sohnes', der die Reaktion einer Familie auf den Tod eines seiner Kinder erzählt. Den Wagemut mit 'Die Klavierspielerin', der die diabolische und mit Fantasien erfüllte Leidenschaft beschreibt, die eine Pianistin für ihren Schüler empfindet", schreibt das Blatt wörtlich. "Die zweifache Krönung von 'Das Zimmer des Sohnes' und 'Die Pianistin' erzeugt ohne es zu wollen eine unerwünschte Folge. Indem man gestern dem Triumph von Isabelle Huppert und Benoit Magimel beigewohnt hat, hat man einen Augenblick lang einen Aspekt dieser Preiskrönung aus den Augen verloren: Die beiden Schauspieler vertraten nicht Frankreich, sondern Österreich. Keiner der beim Wettbewerb vorgestellten französischen Filme hat irgend etwas erhalten", so "Le Parisien", der hinzufügt: "Überdies haben Italien, Österreich und Bosnien in einer Jury mit starker europäischer Dominante auf ganz natürliche Weise ihren Platz an der Sonne gefunden."