Brüssel - "Mindestens sieben Prozent Wirtschaftswachstum pro Jahr" in den am wenigsten entwickelten Ländern (LDC) - so lautet das Hauptziel des "Aktionsplans 2001 bis 2010", der auf der dritten LDC-Konferenz der UNO beschlossen wurde, die am Sonntag in Brüssel zu Ende ging. Der Plan ist dabei in seinem Vorwort recht ehrlich: Zehn Jahre nach der letzten LDC-Konferenz in Paris seien die dort gesetzen Ziele nicht erreicht worden. Die diesjährige Zusammenkunft der Geberländer mit den 49 Ärmsten der Welt sehen manche jedoch als Erfolg. So machte nicht nur Leif Pagrotsky, der als schwedischer Handelsminister in Brüssel die EU-Präsidentschaft vertrat, auf einen bemerkenswerten Passus des neuen Aktionsplans aufmerksam: Dort wird der zollfreie und mengenmäßig unbeschränkte Zugang für Produkte aus den 49 ärmsten Ländern der Welt zu den Märkten der entwickelten Staaten als Ziel definiert. "Dafür wurde hart verhandelt", sagte Pagrotsky und wies darauf hin, dass Freihandel zugunsten der Entwicklungsländer überhaupt ein ganz neuer Ansatz sei. Weder die USA, noch Kanada und Japan hatten hier allerdings bisher dem Beispiel der EU folgen wollen, die - auch mit Blick auf die LDC-Konferenz - im März ihre Märkte den Ärmsten für "alles außer Waffen" geöffnet hatte. Auch ein anderer Erfolg der Konferenz kam, wenn man der Interpretation der niederländischen Entwicklungshilfeministerin Eveline Herfkens glauben darf, in der vergangenen Woche nicht in Brüssel selbst, aber doch allein unter dem Eindruck der LDC-Konferenz zustande: Der Rat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beschloss in Paris, dass ein Teil der Entwicklungshilfe nicht mehr mit der Bedingung verbunden werden soll, die Hilfsgüter in dem Land zu kaufen, das die Gelder zahlt. Stattdessen soll es offene Ausschreibungen geben und mehr Konkurrenz. Der größte Fortschritt auf der LDC-Konferenz selbst war, dass die reichen Staaten dort recht selbstkritisch auftraten. Im Gegenzug gestanden auch die Entwicklungsländer ihre Versäumnisse ein. "Wir müssen gegen Korruption und Misswirtschaft kämpfen und für Rechtssicherheit sorgen, wenn wir Hilfen und Investitionen wollen", sagte zum Beispiel der ruandische Finanzminister Donald Kaberuka und fügte hinzu: "Das sind wir natürlich auch unseren eigenen Völkern schuldig." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21. Mai 2001)