Rom - Die bei den Parlamentswahlen vom vergangenen Sonntag siegreiche Mitte-Rechts-Allianz Italiens zieht die Handbremse in puncto EU-Osterweiterung. Wie eine Bombe schlugen die Worte des designierten Wirtschaftsministers Giulio Tremonti ein, der ankündigte, dass sich sein Bündnis "Casa delle Liberta" (CdL) für eine langsamere Osterweiterung der Europäischen Union einsetzen wolle. "Wenn es keine Kompensationsleistungen für die Entwicklung Süditaliens gibt, wird die künftige Regierung für eine Verlangsamung der Osterweiterung plädieren", sagte Tremonti im staatlichen Fernsehen in der politischen Talkshow "Porta a Porta" von Star-Journalist Bruno Vespa. Die EU-Erweiterung solle stattfinden, allerdings mit moderater Geschwindigkeit. Dies sei notwendig, um die italienischen Interessen zu schützen. Ähnlich würde jedes andere Land auch reagieren. Die Worte Tremontis, der gemeinsam mit Wahlsieger Silvio Berlusconi das Wirtschaftsprogramm der Mitte-Rechts-Allianz ausgearbeitet hat, sorgten für Aufsehen in ganz Italien. Die Linke hatte während der Wahlkampagne wiederholt vor der "Euroskepsis" der Mitte-Rechts-Allianz gewarnt. Spitzenvertreter warfen Berlusconi vor, aus reiner Wahltaktik die EU-Erweiterung bremsen zu wollen. Die Mitte-Rechts-Allianz verdanke Süditalien ihren Wahlerfolg, konterte Tremonti - und man müsse nun das Wahlversprechen halten. Nach Angaben der Wirtschaftszeitung "Il Sole 24 Ore" (Freitagsausgabe) bahnt sich nun auf internationaler Ebene die Bildung einer Achse Rom-Madrid an, um die Osterweiterung der Union zu verzögern. EU: Rom darf Osterweiterung nicht mit Regionalförderungen verknüpfen Italien wird sich im Streit um die Kosten der EU-Erweiterung nach Angaben aus EU-Kreisen auf die Seite Spaniens schlagen. Die italienische Position sei "nicht mehr weit" von der Spaniens entfernt, hieß es am Freitag in EU-Kreisen in Brüssel, wo Diplomaten aus den 15 EU-Ländern über den Streit berieten. Spanien dringt auf eine Bestandsgarantie für EU-Hilfen auch nach der Erweiterung und blockiert Diplomaten zufolge weiter eine Einigung auf Übergangsfristen für die Öffnung der EU-Arbeitsmärkte, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen. Deutschlands Außenminister Joschka Fischer hatte Versuchen, die Themen zu verknüpfen, mehrfach eine klare Absage erteilt. Die italienische Diplomatie beginne bereits, sich die Positionen der bei der Wahl am Wochenende siegreichen Allianz des Medienunternehmers Silvio Berlusconi zu eigen zu machen, sagte ein weiterer EU-Diplomat in Brüssel der Nachrichtenagentur Reuters. Giulio Tremoti, der von politischen Beobachtern als neuer Wirtschaftsminister gesehen wird, hatte jüngst im italienischen Fernsehen erklärt, die Erweiterung könne erst kommen, wenn der wirtschaftsschwache Süden Italiens sich entwickele. Keine Kompromissformel In EU-Kreisen hieß es, ein Treffen von EU-Diplomaten in Brüssel werde voraussichtlich keine Kompromissformel für eine von Spanien geforderte Solidaritätserklärung finden. Die spanische Regierung erwartet diese Erklärung bis zum EU-Gipfel im Juni in Göteborg. Der spanische Europa-Staatssekretär Ramon de Miguel sagte, er rechne "bald" mit einer solchen Erklärung, die die spanischen Probleme anerkennen müsse. Fischer hatte nach dem letzten Treffen der EU-Außenminister in Brüssel am Montag erklärt, Spanien sei mit seinen Forderungen isoliert. Durch einen andauernden Kurswechsel Italiens würde die spanische Position gestärkt. Die Regierung in Madrid hat die Sorge, dass nach der Aufnahme neuer Mitglieder die Milliarden-Hilfen der EU neu verteilt werden. Denn durch den Beitritt ärmerer Länder würde der Schlüssel neu berechnet, nach dem die Verteilung der Gelder festgelegt wird. Die Hilfen für ärmere Regionen in Spanien und anderen EU-Ländern würden folglich gekürzt. Spanien erhält nach derzeitiger Planung bis 2006 rund 42,9 Milliarden Euro aus dem Struktur- und rund zwölf Milliarden Euro aus dem Kohäsionsfonds. Nach Deutschland sollen Strukturhilfen von rund 28 Milliarden Euro fließen. Auch diese würden nach einer Neuberechnung gekürzt. Würde der Verteilungsschlüssel indes so geändert, dass auch nach Erweiterung hohe EU-Hilfen nach Spanien fließen, würden neue Belastungen auf Deutschland bei den Zahlungen an die EU zukommen. (APA)