Hamburg/Gelsenkirchen - Die Entscheidung um den Titel in der deutschen Fußball-Bundesliga am Samstag Nachmittag war mehr als ein Krimi. Sie "artete" zu einem Herzinfarkt-Showdown, einem Grusel-Kabinett ohne Gleichen, einem Wechselbad der Gefühle in "Rot" und "Blau" mit einem Happy End für den FC Bayern aus. Vier Minuten und 38 Sekunden war der FC Schalke deutscher Meister. Dann holte der "Fußball-Gott" die Münchner zum 17. Mal in den Himmel und der Teufel die "Knappen" in die Hölle. Zum "Regisseur der Wende", die dem glücklichen Titelverteidiger doch noch die Meisterschale bescherte, war der Schwede Patrik Andersson avanciert. Der Abwehrspieler glich in Hamburg mit seinem Freistoßtreffer in der 94. Minute die in der 90. Minute erzielte HSV-Führung durch Barbarez aus. Der 5:3-Heimsieg der Schalker gegen Absteiger SpVgg Unterhaching nach 0:2- und 2:3-Rückstand sowie toller Aufholjagd hatte mit einem Schlag keinen Wert mehr. Schalke feierte schon den Titel "Ab heute glaube ich nicht mehr an den Fußball-Gott. Denn wenn er gerecht gewesen wäre, hieße der deutsche Meister jetzt FC Schalke", stammelte Manager Rudi Assauer, nachdem schon alle "Blauen" erstmals nach 43 Jahren im vermeintlichen Titel-Taumel versetzt waren. "Das war einer der bittersten Momente meiner Karriere. So etwas Brutales habe ich noch nie erlebt. Wir hatten die Schale doch schon in Händen und dann hat man sie uns wieder weggerissen", meinte Andreas Möller mit Tränen in den Augen. Der Spielmacher war wie seine Kollegen, für die die direkte Champions League-Quali nur ein schwacher Trost ist, schon stürmisch gefeiert worden. Über dem Parkstadion explodierten Raketen und Böller und auf dem Rasen lagen einander tausende Fans in den Armen. Letzlich hatte die Freude doch noch der Enttäuschung weichen müssen, sich das Glück ins Lager der Bayern geschlagen. Im Volkspark-Stadion herzte Oliver Kahn wie ein Wahnsinniger die Eckfahne, Präsident Franz Beckenbauer hüpfte wie wild auf der Ehrentribüne und Trainer Ottmar Hitzfeld tanzte wie losgelöst auf dem Rasen. Das Happy End ging in eine Eruption der Gefühle über. Olli Kahn und der Fußball-Gott "Der Fußball-Gott hat uns einmal so bitterböse bestraft, dass er jetzt auf unserer Seite ist. Und das zu Recht. Ich habe nach dem 0:1 gesagt: Immer weiter machen, wir können es noch schaffen", erzählte Kahn, der 1999 in Barcelona gemeinsam mit seinen Mitspielern im Champions League-Finale gegen Manchester United mit zwei Verlusttoren im Finish selbst noch aus allen Träumen gerissen worden war. Und Hitzfeld ergänzte: "Es hätte ein Trauma werden können, hätten wir wieder einen Titel in letzter Minute verspielt." In den allgemeinen Jubelchor stimmte natürlich auch Beckenbauer mit ein. "Gerade für das Champions League-Endspiel gegen FC Valencia am Mittwoch ist es unheimlich wichtig, dass wir Meister geworden sind. Wenn wir das wieder vergeigt hätten, wären wir mit langen Gesichtern nach Mailand gefahren. Wir hätten uns von diesem Schock nicht mehr erholt." Der Kaiser bezeichnete den neuerlichen Coup, für den jeder Akteur umgerechnet 1,62 Mio. S (117.597 Euro) kassiert, auf Grund des Niederlagen-Rekords (neun Spiele verloren) als den "glücklichsten und dramatischesten." Andersson genoss seinen ersten Treffer Für Andersson, der mit seinem ersten Tor im 38. Liga-Spiel für den FC Bayern zum "Meistermacher" wurde, war alles "unfassbar". "Lange habe ich auf den Treffer gewartet, aber ich bin eben ein Genießer", sagte der Schwede, der beim Kopfball-Tor durch Barbarez zu spät gekommen war. Der dritte Titel-Hattrick des Rekordmeisters wurde in München natürlich ausgiebig gefeiert. Mit Sprechchören, Jubelgesängen ("So ein Tag, so wunderschön wie heute"), Hupkonzerten, Autokorsos und einem roten Fahnen-Meer zelebrierten tausende Fans den Triumph. Die Polizei hatte die Flaniermeile vom Siegestor bis zur Münchner Freiheit komplett gesperrt. Am Mittwoch soll sich das Szenario wiederholen. (APA/dpa) Letzter Spieltag
  • Hamburger SV - Bayern München 1:1 (0:0)
  • Werder Bremen - Hansa Rostock 3:0 (2:0)
  • Borussia Dortmund - 1. FC Köln 3:3 (1:2)
  • FC Schalke 04 - SpVgg Unterhaching 5:3 (2:2)
  • Eintracht Frankfurt - VfB Stuttgart 2:1 (2:0)
  • SC Freiburg - VfL Wolfsburg 4:1 (2:0)
  • Bayer Leverkusen - VfL Bochum 1:0 (1:0)
  • 1. FC Kaiserslautern - Hertha BSC 0:1 (0:0)
  • TSV 1860 München - Energie Cottbus 0:1 (0:1)