Die meisten Kinder wachsen in ihrem Heimatort auf und kommen dann eventuell in der Welt herum. Bei Masako Owada, die derzeit als japanische Kronprinzessin die Hoffnung auf einen männlichen Thronfolger trägt, war es umgekehrt. Nachdem sie am 9. Juni 1963 in Tokio als erste von letztlich drei Töchtern des Diplomaten Hisashi Owada geboren wurde, sorgte schon der Beruf des Vaters für baldigen Tapetenwechsel: Sie ging 1966 in Moskau in den Kindergarten, 1969 in New York in die Grundschule und kehrte erst zum Besuch der Schul-Oberstufe mit ihrer Familie wieder nach Tokio zurück.

Die nobel dienende Tradition ihrer Familie reicht bis zu Shogun-Samurais zurück, ihr eigener Wille, die diplomatische Laufbahn einzuschlagen, folgt dem Familienmotto: "Eine vorzügliche Erziehung ist der beste Schutz vor der Ungnade der Mächtigen."

Das Studium an der wirtschaftswissenschaftlichen Fa-kultät der Harvard-Universität nach vier Jahren summa cum laude abzuschließen war eine logische Folge, auch nach dem Eintritt ins japanische Außen-ministerium (1987) setzte Masako ihre Studien am Balliol-College in Oxford fort. Ab Juni 1990 schließlich arbeitete sie in der Nordamerika-Abteilung des Außenministeriums.

Diplomatie scheint Masako auch ein geeignetes Instrument zu sein, das Ansehen der Frauen in ihrer Heimat zu stärken. Sie ist ebenso musisch begabt wie eine gute Sportlerin, die unter anderem sicher und elegant über Skipisten wedelt. Den ihr zugerühmten großen Charme kann sie auch fließend in Deutsch, Englisch und Französisch verbreiten, ihr Auftreten ist nicht immer so untergeordnet, wie es Japaner gewohnt sind.

Als sie nach langem Zögern dem Werben von Kronprinz Naruhito nachgab, schienen diese Vorzüge aber wie weggewischt: "Ich werde den Antrag seiner Hoheit annehmen, wenn er glaubt, dass ich ihm eine Hilfe sein kann", sagte sie offiziell. An ihrem Hochzeitstag und zugleich 30. Geburts-tag, dem 9. Juni 1993, legte ihr Vater sein Amt als Vizeaußenminister zurück.

Seit diesem Tag steht Masako nicht nur deutlich im Schatten ihres Gemahls, sondern auch unter besonderem Druck: Das konservative Japan will einen männlichen Thronfolger, die inzwischen 37-Jährige soll ihn gebären; wenn (nach langer Kinderlosigkeit und Fehlgeburt vor zwei Jahren) alles gut geht, Anfang Dezember.

Bis dahin möge die Öffentlichkeit Ruhe bewahren, um die Kronprinzessin zu schonen, heißt es aus dem Kaiserpalast. Das Geschlecht des Kinds soll nicht vor der Geburt festgestellt werden. Wird es ein Mädchen, könnte das zur Reform der Erbfolge führen und Frauen den Weg auf den Chrysanthementhron ebnen.

Prinzessin Masako verhält sich ruhig und lächelt charmant - auch auf den neuesten Fotos. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.5.2001)