Wien - Die österreichische Kreditwirtschaft fordert die Verschiebung der neuen Allfinanzaufsicht um ein Jahr auf Anfang 2003. Der vom Finanzminister Karl-Heinz Grasser geplante Zeitplan, der den Start am 1. Jänner 2002 vorsieht, lasse nicht genügend Zeit zur Vorbereitung und kollidiere außerdem mit der Euro-Einführung, sagte der Syndikus der Bundeskreditsektion in der Wirtschaftskammer, Herbert Pichler, vor Journalisten am Dienstag. In ihrer Stellungnahme zum geplanten "Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz" kritisiert die Sektion die "teure Lösung", bezweifelt die in Aussicht gestellten Synergien, und verlangt eine klare Kostenkontrolle. Die Beitragsdeckelung für einzelne Institute dürfe statt einem Promille des Eigenmittelerfordernisses - was derzeit 320 Mio. S (23,3 Mio. EURO) ausmachen würde - nur 0,5 Promille betragen. Statt des Fixbetrages von 3,5 Mio. EURO sollte der Bund einen Prozentsatz beitragen, "damit er Kostensteigerungen auch zu spüren bekommt". Kosten auf für OeNB Außerdem wollen die Banken, dass die Nationalbank (OeNB) in die Kostenverantwortung miteinbezogen wird, weil sich die OeNB durch die neue Struktur ja einiges erspare. Abgelehnt wird weiters die gesetzlich normierte Steigerung der Kosten für die künftige Aufsicht um jährlich fünf Prozent. Als Beitrag zur Kostenkontrolle fordert die Kammer schließlich eine Vertretung der Banken und Versicherung im Aufsichtsrat. Eine Aussprache zur Finanzaufsicht steht heute, Mittwoch, mit Vertretern von Banken und OeNB im Finanzausschuss des Nationalrates an. Unglücklich zeigt sich Pichler auch über die Vorschläge für neue Eigenkapitalregeln ("Basel II"), die derzeit weltweit diskutiert werden. Zwar habe es gegenüber den ersten Entwürfen Fortschritte gegeben, doch immer noch sei das Regelwerk ein Versuch, ein "US-amerikanisches, kapitalmarktorientiertes System Europa überzustülpen", so Pichler. Es bestehe die Gefahr, dass gerade für kleinere Banken mit vielen gewerblichen Kunden die Eigenkapitalverpflichtungen steigen würden. Das aber würde Kredite verteuern, warnt Pichler. (ef, DER STANDARD, Printausgabe 16.5.2001)