Wien - Fast jede/r dritte unselbstständig Erwerbstätige, konkret knapp 28 Prozent, arbeitet bereits "atypisch", das heißt, in einer Form der Beschäftigung, die vom "Normalarbeitsverhältnis" abweicht - in der Arbeitszeit, in der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und in der sozialen Sicherung. ÖGB-Sozialexpertin Elisabeth Rolzhauser warnt: "Was für den einen gesellschaftlicher Vorteil ist, kann für den anderen soziale Unsicherheit und Armutsgefährdung bedeuten." Der ÖGB geht daher in die Offensive und plant für den Herbst einen Arbeitsschwerpunkt "atypische Beschäftigungsformen". Diese "atypischen" Arbeitsformen gliedern sich in 17,4 Prozent Teilzeitbeschäftigungen, 4,2 Prozent Geringfügige Beschäftigungen, 3,1 Prozent befristete Dienstverhältnisse, ein Prozent Werkverträge, 0,6 Prozent Freie Dienstverträge, ein Prozent Heimarbeit und 0,5 Prozent Arbeitskräfteüberlassung. Die Addition aller dieser "atypischen" - 27,8 Prozent - sei zulässig, Überschneidungen - z.B. zwischen Heimarbeit und Werkverträgen - lägen im Ein-Prozent-Bereich, sagt die Statistik des AMS Niederösterreich, die diese Daten erhoben hat. Ansteigender Trend Ein Trend bis 2003 - mit der bisherigen Wachstumsrate - zeige, dass es dann voraussichtlich sogar 20,8 Prozent Teilzeitbeschäftigte und sechs Prozent befristet Beschäftigte geben wird. "Normalarbeitsverhältnis" ist eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung mit regelmäßiger täglicher und wöchentlicher Arbeitszeit und betrieblicher Einbindung. Davon abweichende Beschäftigungsformen unterscheiden sich von "normalen" Arbeitsverhältnissen durch die Arbeitszeit, die Beziehung zum Arbeitgeber und die soziale Sicherung. Die Definition der "Neuen Selbstständigkeit" ist kompliziert. "Vereinfacht gesagt: Unternehmerische selbstständige Arbeit, aber ohne Gewerbeschein, dafür - in der Regel - mit einem Werkvertrag", erläutert Christoph Klein, stv. Leiter der Sozialpolitik in der Arbeiterkammer. Seit Anfang der 90-er Jahre, so Rolzhauser, sei europaweit eine rasche Ausweitung der atypischen Beschäftigungsverhältnisse zu beobachten. Die ÖGB-Expertin befürchtet dadurch "eine gesellschaftspolitisch riskante Segmentierung der Gesellschaft". Die Nachteile für atypisch Beschäftigte sind u.a. unzureichender sozialer Schutz, geringere bis keine arbeitsrechtlichen Ansprüche, keine Mitbestimmungsmöglichkeiten im Betrieb, Übernahme des unternehmerischen Risikos, kein Mindesteinkommen. In der Einbindung der atypisch Beschäftigten in die betriebliche und gewerkschaftliche Interessenvertretung sieht Rolzhauser eine zentrale Herausforderung für die nächste Zukunft. (APA)