International
Putin-Berater: Begründung für US-Raketenabwehr lachhaft
Kein Verständnis für US-Vorschläge in Moskau - Powell kündigt Treffen mit Iwanow an
Moskau - Als lachhaft hat ein Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin die Begründung der USA für ihr geplantes
neues Raketenabwehrsystem bezeichnet. Der frühere Verteidigungsminister Igor Sergejew sagte am Montag der Nachrichtenagentur RIA,
Russland sei überzeugt davon, dass die USA ihr nationales Raketenabwehrsystem errichten würden. Bei Gesprächen mit US-Diplomaten am
Freitag habe die russische Regierung vorgeschlagen, eine gemeinsame Gruppe von Raketenexperten zu gründen, um wissenschaftlich an die
Frage der Raketenabwehr heranzugehen.
"Es gab keine Antwort auf diesen Vorschlag", sagte Sergejew. Die USA begründen die Notwendigkeit eines neuen Raketenschildes mit der
Gefährdung durch Staaten, die sie als unberechenbar eingestufen.
Mehrere US-Delegationen haben in den vergangenen Wochen weltweit für die US-Pläne geworben, unter anderem auch in Deutschland. Am
Dienstag wird eine US-Delegation in China erwartet. Während sich europäische Staaten wie Frankreich skeptisch äußern, stößt das
US-Vorhaben bei Russland und China auf strikte Ablehnung. Sie befürchten, dass eine Umsetzung der Pläne zu einer Aufkündigung des
ABM-Vertrages von 1972 führen könnte. Das zwischen der Sowjetunion - dessen Rechtsnachfolger Russland ist - und den USA
unterzeichnete Abkommen verbietet beiden Seiten landesweite Raketenabwehrsysteme.
Powell will mit Iwanow über neue strategische Lage reden
US-Außenminister Colin Powell will mit seinem russischen Kollegen Igor Iwanow am kommenden Freitag in
Washington über eine "Vertragssprache" reden, die der neuen militär-strategischen Lage gerecht werde. Das bisher dritte Treffen zwischen
ihnen werde länger dauern als die beiden voraus gegangenen, sagte Powell am Montag in einem Interview des Nachrichtensenders CNN. Es
könne sein, dass man bei dieser Gelegenheit eine neue "Sprache" zur Absicherung des "strategischen Rahmenwerks" beider Staaten erörtern
werde.
Ob es sich dabei um ein konkretes Abkommen als Ersatz für den beiderseitigen ABM-Vertrag zur Begrenzung von Raketenabwehrsystemen
handeln werde, könne er nicht sagen. Das sei noch zu früh, erklärte Powell. Er wiederholte jedoch die US-Position, der zufolge der
ABM-Vertrag nicht mehr in die heutige strategische Situation passe.
Die USA wollen ein Raketenabwehrsystem aufbauen und daher den 1972 geschlossenen Vertrag ganz fallen lassen oder umformulieren.
Moskau ist dagegen und befürchtet eine Störung des strategischen Gleichgewichts. US-Präsident George W. Bush hat vor allem den
westlichen Verbündeten, aber auch Russland enge Konsultationen angeboten. Zu diesem Zweck hielt sich in der vergangenen Woche eine
US-Expertendelegation in Moskau auf. Powell würdigte die Gespräche in der russischen Hauptstadt als "Beginn einer professionellen,
verantwortungsbewussten Diskussion zwischen unseren beiden Nationen".(APA/Reuters)