Prag/Wien - "Erstmals steht in einer Deklaration, dass das AKW Temelín nicht ans Netz geht, wenn es nicht sicher ist": Das ist für Umweltminister Wilhelm Molterer, wie er in einem Gespräch mit dem S TANDARD darlegte, eines der entscheidenden Ergebnisse seines Gesprächs mit dem tschechischen Außenminister Jan Kavan. "Wir haben die Bereitschaft der Tschechen, uns alle Informationen zu geben", bekräftigte er am Sonntag.

In Prag war tags zuvor vereinbart worden, dass Österreich bis zum 20. Mai die gewünschten zusätzlichen Informationen über die Umweltprüfung des derzeit still stehenden Reaktors geliefert werden - auch über die "Nullvariante" (Nichtinbetriebnahme) und die Möglichkeit schwerer Unfälle. Österreich werde damit Unterlagen für ein öffentliches Hearing erhalten. Es werde auch Informationen über den nicht nuklearen Teil der Anlage geben, also über die reparaturbedürftige Turbine, sagte Molterer.

Im Gegenzug verpflichtete sich Österreich die vor Monaten in Melk getroffenen Vereinbarungen gleichfalls umzusetzen. Das bedeutet, dass keine neuen Grenzblockaden genehmigt werden.

"Das Ergebnis zeigt, dass wir durch Dialog Probleme lösen können", sieht Bundeskanzler Wolfgang Schüssel das Gespräch positiv.

Deutlich weniger zufrieden sind die österreichischen Atomkraftgegner. Tschechien erhoffe sich einen "Persilschein" für die EU-Beitrittsverhandlungen, Prag habe nach wie vor die Absicht, die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Sicherheitsüberprüfung im Sinne des Melker Abkommens bis Mitte Juni durchzuziehen, hieß es in Stellungnahmen.

"Die Bemühungen Molterers sind zwar löblich, aber kein Fortschritt in der Sache selbst", meinte Umweltsprecherin Eva Glawischnig von den Grünen. Der wichtigste Punkt, ein möglicher Ausstieg Tschechiens aus der Atompolitik, sei offenbar nicht besprochen worden, wandte SP-Sprecherin Uli Sima ein.

Kavan hatte zuvor erklärt, Molterer habe "in einem privaten Gespräch" versichert, dass Österreich die tschechische Energiepolitik voll respektiere. Molterer bestätigte, es sei klar, dass die Energiepolitik eine Frage der Souveränität des Staates sei. Gleichzeitig sei eine gute Nachbarschaft zur Problemlösung notwendig, man müsse aber "einen realistischen Blick" auf die Dinge haben. (APA/red/DER STANDARD, 14.5.2001)