Jerusalem - Erstmals hat ein israelisches Regierungsmitglied öffentlich einen gezielten Angriff auf einen Palästinenser zugegeben, der von den Behörden für antiisraelische Anschläge verantwortlich gemacht wird. Sportminister Matan Vilnai von der Arbeiterpartei sagte am Sonntag im Armeerundfunk, der Kampfhubschrauberangriff auf das Auto eines Fatah-Vertreters im Westjordanland am Samstag sei Teil "unserer verlängerten Kampagne zur Beendigung der Gewalt" in den palästinensischen Selbstverwaltungsgebieten gewesen. "Es handelte sich um einen punktgenauen Schlag, um Unschuldige zu schonen", sagte der frühere General Vilnai. Bei dem Angriff in der Stadt Jenin waren der Fatah-Vertreter und ein palästinensischer Polizist getötet worden, weitere 13 Menschen wurden verletzt. Zahlreiche Luft-Boden-Raketen schlugen palästinensischen Angaben zufolge in benachbarten Gebäuden der Autonomiebehörde ein, wobei mindestens 15 weitere unbeteiligte Personen verletzt wurden. Der Chef der palästinensischen Polizeikräfte im Westjordanland, Taufik Tiraui, sprach von einer "Hinrichtung" der Palästinenser durch die israelische Armee. Die Europäische Union hatte die gezielte Tötung von Palästinensern durch das israelische Militär wiederholt verurteilt. In einer von der schwedischen Ratspräsidentschaft veröffentlichten Erklärung wurde das Vorgehen Israels als "inakzeptabel und gegen den Rechtsstaat gerichtet" bezeichnet. Die gezielten Morde seien ein Hindernis für den Frieden und würden nur neue Gewalt erzeugen, warnte die EU. Die palästinensische Führung begründete mit diesen Morden ihre Forderung nach "internationalem Schutz" gegen den israelischen "Terrorismus". Bush: USA wollen weiter vermitteln US-Präsident George W. Bush hat die jüngste Gewalteskalation im Nahen Osten verurteilt und weitere Vermittlungsbemühungen der USA in Aussicht gestellt. Bush nannte auf einer Pressekonferenz am Freitagabend das Blutvergießen im Nahen Osten abscheulich und fügte hinzu: "Wir müssen jetzt weiter hart daran arbeiten, die Spirale der Gewalt zu brechen." Er räumte allerdings ein, dass es für die USA sehr schwer werde, die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bringen, solange die Gewalt anhalte. Israel hatte zuvor aus Vergeltung gegen einen palästinensischen Granatenangriff ein Dorf im Gaza-Streifen unter Beschuss genommen. Vier Palästinenser wurden verletzt. Die Palästinenser-Regierung verurteilte das israelische Vorgehen als ungerechtfertigt und provokant. "Das Töten im Nahen Osten ist abscheulich, und unsere Nation weint, wenn Menschen ihr Leben verlieren", sagte Bush. Die USA würden sich deshalb weiter darum bemühen, den Teufelskreis der Gewalt zu brechen. Im Westjordanland und im Gaza-Streifen war es am Freitag zu neuen Zusammenstößen gekommen. Am Grenzübergang Karni wurde ein 16-jähriger Palästinenser erschossen. In Jerusalem wurden nach Angaben der Polizei bei einer Bombenexplosion zwei polnische Touristen leicht verletzt. Israel nahm in der Nacht zum Samstag das Dorf Beit Lahia im Norden des Gaza-Streifens unter Beschuss. Nach israelischen Angaben handelte es sich um Vergeltung für palästinensische Granatenangriffe auf jüdische Siedlungen im Gaza-Streifen. Für die kommenden Tage werden weitere Gewaltausbrüche befürchtet. Am 15. Mai begehen die Palästinenser den Tag der nationalen Katastrophe (Nakba), die in ihren Augen mit der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 einherging. (APA/Reuters)