Berlin - Die Chancen für eine rasche Entschädigung für Zwangsarbeiter sind nach Einschätzung des Münchner Opferanwalts Michael Witti nach dem Gerichtsurteil der US-Richterin Shirley Kram wieder gesunken. Die von Kram an die Abweisung der Sammelklagen geknüpften Bedingungen könnten von deutscher Seite nicht erfüllt werden, sagte Witti am Samstag der dpa. "Dafür müsste das so genannte Stiftungsgesetz geändert werden." Kram hatte den Banken die Auflage gemacht, die Ansprüche der NS-Opfer an die frühere österreichische Kreditbank zu erfüllen. Das Institut war in der Nazi-Zeit von der Deutschen Bank geschluckt worden. Laut Witti hat die Rechtsnachfolgerin der Kreditbank, die Bank Austria, schon vor längerer Zeit einen Teil ihrer Verantwortung für die Entschädigung an die deutschen Banken übertragen. Danach muss sich ein Teil der Opfer der Kreditbank an die deutschen Banken wenden, um entschädigt zu werden. Die Klagen in den USA gegen österreichische Banken sind bereits erledigt. Österreichische Einzelpersonen waren mit dem Versuch gescheitert, diese bei den deutschen Banken durchzusetzen. Die deutsche Regierung, Bundestag und deutsche Wirtschaft betrachten diese österreichischen Ansprüche als gegenstandslos. "Die deutsche Verhandlungsseite hat das Problem ignoriert. Nach dem Motto: Okay, das fällt unter den Tisch", sagte Witti. Grund für die Vernachlässigung des Problems sei die Weigerung der deutschen Banken gewesen, das US-Urteil über die abgetretenen Klagen zu akzeptieren. "Dafür hätte schon längst Geld außerhalb der Initiative zur Verfügung gestellt werden müssen", kritisierte der Rechtsanwalt. Die Ansprüche der Opfer der Kreditbank, die von deutschen Banken erfüllt werden müssen, belaufen sich Witti zufolge auf ungefähr 300 Millionen Mark (153 Mill. Euro/2.111 Mill. S) . Diese Ansprüche könnten nicht aus dem insgesamt 10 Milliarden Mark umfassenden Stiftungsfonds der deutschen Wirtschaft erfüllt werden, da dadurch eine Umverteilung der Gelder notwendig werde, sagte Witti. Eine solche Umverteilung gehe aber zu Lasten anderer, die dann wiederum ihre Rechte einklagen könnten. Die Urteilsbegründung zur Abweisung der Sammelklagen gegen deutsche Banken in den USA ist nach Auffassung der Stiftungsinitiative der Deutschen Wirtschaft sehr problematisch. "Die dort gestellten Bedingungen werden die Abweisung der Sammelklage relativieren", sagte der Sprecher der Initiative, Wolfgang Gibowski, am Samstag der dpa in Berlin. Die Sachlage müsse allerdings erst sehr sorgfältig geprüft werden. Es sei noch zu früh, sie abschließend zu beurteilen. "Wir können zunächst einmal nichts anderes machen als abzuwarten, bis eine genaue Analyse der Sachlage vorliegt." Er schloss außerdem aus, dass die deutsche Wirtschaft zusätzliche Gelder bereitstellen werde. (APA/dpa/Reuters)