Italien im Wahlkampffinale. In Neapel warnte Francesco Rutelli, der Spitzenkandidat des Ulivo-Bündnisses vor einem "wilden Sozialabbau". Wenn die Rechte an die Macht käme, würden Tausende Arbeitsplätze verloren gehen, im Berlusconi-Italien hätten nur noch Reiche eine Chance. Silvio Berlusconi konterte auf der römischen Piazza del Populo: Die Linke wisse, dass sie diese Wahl verliere und rufe zum "sozialen Krieg" gegen die neue Regierung auf, Rutelli denke schon jetzt nach, wie man den künftigen Premier Berlusconi mit Generalstreiks eliminieren könnte. Und Berlusconi ging auch auf die "von der Linken gesteuerte ausländische Kampagne" gegen ihn ein. Er sei sich der internationalen Unterstützung großer Staatsmänner wie Helmut Kohl oder George Bush gewiss. Er werde Italien zum ersten Ansprechpartner der USA in Europa machen. Im längsten Wahlkampf der Nachkriegsgeschichte dominierten die Spitzenkandidaten der beiden politischen Lager, die Show und die Ankündigungen. Heftige Kritik an einem Wahlkampf, der einzig und allein auf die beiden Spitzenkandidaten Berlusconi und Rutelli zugeschnitten war, übten die so genannten "Blockfreien". Die von Giulio Andreotti mit gegründete Democrazia Europea könnte, vor allem in Süditalien, beiden Lagern Stimmen wegnehmen, auch die Bewegung von Exschmiergeldermittler Antonio Di Pietro hat Sympathisanten in beiden politischen Lagern. Die Radikalen um die frühere EU-Kommissarin Emma Bonino könnten in den Städten zum Zünglein an der Waage werden und Fausto Bertinottis Rifondazione Comunista sollte ihren Stimmenanteil halten können. Umfragen über den Ausgang der Parlamentswahl dürfen laut Wahlgesetz seit zehn Tagen nicht mehr veröffentlicht werden und so erklärten sich die beiden Spitzenkandidaten Rutelli und Berlusconi bereits im Vorhinein zum Wahlsieger. (DER STANDARD, Print, 12.5.2001)