Washington - Wenige Tage vor dem Hinrichtungstermin ist dem Oklahoma-Attentäter Timothy McVeigh ein überraschender Aufschub gewährt worden. Wegen eines Versäumnisses der US-Bundespolizei FBI verschob Justizminister John Ashcroft die Vollstreckung des Todesurteils am Freitag um einen Monat. Das FBI hatte den Verteidigern von McVeigh stapelweise Akten mit Zeugenaussagen vorenthalten. Sie enthielten jedoch nichts, was die Schuld des 33-Jährigen in Zweifel ziehe, sagte Ashcroft. Der bedauerliche Vorfall werde untersucht. McVeigh selbst hatte nach seiner Verurteilung in Interviews eingestanden, dass er die Bombe legte, die im April 1995 in Oklahoma City 168 Menschen tötete. Die für Mittwoch geplante Hinrichtung soll nun am 11. Juni stattfinden. Die Akten betreffen laut US-Medienberichten unter anderem den Unbekannten, den Zeugen kurz nach dem Anschlag auf das Behördengebäude in Oklahoma City gesehen haben wollen. Er wurde nie entdeckt. Die Geschworenen kamen 1997 zum Schluss, dass McVeigh das Attentat allein verübte. Die Theorie, er sei Teil einer Verschwörung gewesen, hielt sich hartnäckig, wurde jedoch nie bewiesen. Seitens des FBI wurde der Vorfall mit dem veralteten Computersystem der Bundespolizei erklärt. Suchbefehle hätten die Dokumente nicht zu Tage gefördert. Erst bei einer Handrecherche seien sie aufgetaucht. Es sei klar, dass das FBI die Spielregeln nicht eingehalten habe, sagte Ashcroft. Wie das geschehen konnte, müsse sorgfältig geprüft werden. Für den Aufschub war die Zustimmung McVeighs nicht erforderlich. Der Todeskandidat hatte bisher stets auf die Beschleunigung des Verfahrens gedrängt. Seine Reaktion stand am Freitag noch aus. Die mehr als dreitausend Seiten lagen seinen Anwälten seit Donnerstag vor. "Emotionale Achterbahn" Die Hinterbliebenen der Opfer reagierten teils schockiert, teils gefasst auf die Nachricht von dem Aufschub. "Das ganze ist wie eine emotionale Achterbahn", sagte Tom Kight, dessen Tochter bei dem Anschlag getötet wurde. Das Justizsystem müsse jedoch auch McVeigh gerecht werden. "Wenn aufgeschoben werden muss, dann sei es." McVeigh hatte 1995 ein Bundesgebäude in Oklahoma in die Luft gesprengt. Dabei waren 168 Menschen ums Leben gekommen. McVeigh, der damit nach eigenen Angaben frühere Gewaltaktionen der Bundespolizei rächen wollte, sollte am kommenden Mittwoch in Terre Haute im Bundesstaat Indiana mit der Giftspritze hingerichtet werden. Der Helfer McVeighs, Terry Nichols, will nach der FBI-Panne Berufung vor dem Obersten Gericht der USA einlegen. Das berichtete der US-Nachrichtensender CNN am Freitag. Nichols war 1998 wegen Verschwörung und Körperverletzung zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Timothy McVeighs Hinrichtung wäre die erste nach Bundesrecht seit fast vier Jahrzehnten. Die rund 700 Exekutionen seit Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 erfolgten alle auf Basis der Rechtsprechung einzelner Bundesstaaten. McVeigh will neues Beweismaterial prüfen Der zum Tode verurteilte Oklahoma-Attentäter Timothy McVeigh ist nach den Worten seines Anwalts "bestürzt" über die Verschiebung seiner Hinrichtung. Der 33-jährige wolle das von der Bundespolizei FBI jahrelang unterschlagene und erst in dieser Woche aufgetauchte Beweismaterial aber prüfen und dann entscheiden, ob er sich gegen das Todesurteil wehren will, sagte sein Anwalt Rob Nigh am Freitag in Washington. Wenige Stunden zuvor hatte Justizminister John Ashcroft für nächsten Mittwoch geplante Hinrichtung um einen Monat auf den 11. Juni verschoben. Der Grund: das FBI hatte den Verteidigern vor der Gerichtsverhandlung als 3.000 prozessrelevante Dokumente nicht ausgehändigt. Nach Angaben von Nigh reicht die Zeit von 30 Tagen nicht aus, um die Unterlagen zu lesen und zu analysieren. Die Verteidigung halte sich alle Optionen offen, sagte Nigh. "McVeigh hat sich von seiner Familie und seinen Freunden verabschiedet. Er ist betrübt, dass diese Leute dadurch mussten, und das ganze vielleicht noch einmal erleben werden", sagte Nigh. Der Verteidiger forderte gleichzeitig, alle Hinrichtungen unter Bundesrecht auszusetzen. (APA/dpa)