Wien - Kurz nach seinen heftige Reaktionen hervorrufenden Äußerungen zu Österreichs Rolle in der NS-Zeit ist FPÖ-Generalsekretär Peter Sichrovsky nach Tel Aviv geflogen, um in Israel Möglichkeiten für einen Besuch von Vizekanzlerin FPÖ-Obfrau Susanne Riess-Passer zu sondieren. Zum "Kurier" erklärte Sichrovsky: "Ich werde Gespräche mit Vertretern verschiedener politischer Parteien und anderer gesellschaftlicher Institutionen führen. Es gibt Institutionen in Israel - wie etwa Universitäten -, die Interesse haben, mehr über die FPÖ zu erfahren." Wen er am Sonntag und Montag treffen werde, wollte der FPÖ-Generalsekretär nicht sagen: "Auf Grund der Störversuche aus der Wiener jüdischen Gemeinde haben ich und meine Gesprächspartner vereinbart, vorerst gar nichts bekannt zu geben." Sichrovsky behauptete dabei, dass Institutionen, die an den Freiheitlichen Interesse zeigen, mit Entzug von Spendengeldern bedroht würden . Ein weiterer Zweck der Reise soll laut "Kurier" Geheimdiplomatie rund um vier von Syrien verschleppte israelische Soldaten sein, um deren Rückkehr sich FP-Verteidigungsminister Herbert Scheibner bemüht. Ein drittes Thema sind die Verbesserung der bilateralen Beziehungen. Israel zog bei Antritt der ÖVP-FPÖ-Regierung im Februar 2000 seinen Botschafter aus Wien ab. Die Botschafter-Frage soll Riess-Passer in einem Schreiben an Israels Premier Ariel Sharon angesprochen haben. "Ein Brief mit dem Absender Riess-Passer ist in Jerusalem nicht angekommen", stellte das israelische Außenministerium fest; auch von einem geplanten Besuch Riess-Passers wisse man nichts. Privat könne sie jedoch jederzeit einreisen. Laut "Kurier" hatte Riess-Passer während ihres USA-Aufenthalts vorige Woche der "New York Jewish Week" von dem Plan erzählt, Israel in diesem Herbst zu besuchen. Eingeladen habe sie eine Universität. Vorwurf des Revisionismus Die vergangene Woche geäußerte Darstellung von Peter Sichrovsky, wonach nicht Österreich, sondern einzig Deutschland für die Verbrechen des NS-Regimes verantwortlich sei, hatte eine heftige Diskussion hervorgerufen. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures sprach von einer "Geschichtsfälschung", der Grüne Abgeordnete Karl Öllinger von "revisionistischen Aussagen". Sichrovsky selbst bezeichnete darauf hin die beiden Oppositionspolitiker als "hysterisches Duett". Der FPÖ-Generalsekretär betonte am Freitag im FPÖ-Pressedienst, er habe stets "mit klaren Worten die Verantwortung Österreichs an den Verbrechen der Nazis" beschrieben. Sein Zusatz: "Ich werde auch weiterhin darauf bestehen, dass es einen historischen Unterschied zwischen der Verantwortung Österreichs und Deutschlands gibt. Und auch weiter nicht zulassen, dass das tragische Schicksal meiner Familie und so vieler anderer Opfer des NS-Regimes für parteipolitische Spektakel der rot-grünen Opposition missbraucht wird." Ein Großteil der Familie Sichrovsky wurde in der NS-Zeit ermordet. Doppelspiel der FPÖ Bures sprach im SPÖ-Pressedienst von einem "Doppelspiel der FPÖ" zur nationalsozialistischen Vergangenheit Österreichs: Sichrovsky leugne diese Verantwortung, während Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer zur gleichen Zeit in den USA Österreichs Verantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus anerkennt. Die SPÖ-Bundesgeschäftsführerin fordert Riess-Passer auf, "sich klar von den Aussagen des FPÖ-Generalsekretärs zu distanzieren und dafür zu sorgen, dass Sichrovsky seine Aussagen zurücknimmt und sich dafür entschuldigt". Auch Öllinger forderte in seiner Aussendung: "Frau Vizekanzler, pfeifen Sie Ihren Generalsekretär Sichrovsky zurück." Die "besänftigenden Aussagen" Riess-Passers in Washington seien nur dann ernst zu nehmen, "wenn sie diese auch innerparteilich durchsetzt. Dazu muss sie Sichrovsky öffentlich zur Räson rufen. Ansonsten ist es nur das übliche Doppelspiel der FPÖ: Kreide fressend im Ausland, Zähne fletschend im Inland", so Öllinger. (APA)