Prag - In Tschechien ist die Hoffnung auf eine schnelle Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter nach der Ablehnung der Sammelklagen durch die US-Richterin Shirley Wohl Kram gestiegen. "Diese Entscheidung nehmen wir mit großer Erleichterung entgegen", betonte Außenamtssprecher Ales Pospisil am Freitag in Prag. "Die Auszahlung könnte innerhalb von zwei Monaten erfolgen", sagte Dagmar Buresova vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds. Die Organisation ist in Tschechien für die Auszahlung der Summen verantwortlich. "Auf dieses Urteil haben wir Monate gewartet - die letzte Hürde ist gefallen", sagte der stellvertretende Vorsitzende des tschechischen Zwangsarbeiterverbands, Karel Ruzicka, erleichtert. "Die Rechtssicherheit sollte jetzt festgestellt werden, denn es können keine legitimen Einwände mehr dagegen erhoben werden", sagte der Regierungsbeauftragte Jiri Sitler. Eine Teilauszahlung etwa nur des Anteils des Bundesregierung lehnte Sitler am Freitag ausdrücklich ab. Interner Streit Im Namen von mehr als 300.000 ehemaligen russischen Zwangsarbeitern hat die Stiftung "Für Verständigung und Versöhnung" eine schnelle Auszahlung der deutschen Entschädigungsgelder gefordert. "Wir müssen die Modalitäten der Überweisung umgehend klären", sagte der Geschäftsführer der Stiftung, Alexej Troschkin, am Freitag in Moskau. Ein entsprechendes Abkommen mit der deutschen Seite solle in der kommenden Woche unterzeichnet werden. Ein interner Streit auf russischer Seite über die Benennung der auszahlenden Bank könne die Einigung noch hinauszögern, befürchteten Experten. "Das jüngste Urteil in den USA hat für uns keine große Bedeutung, wir kümmern uns auf eigenem Wege um beschleunigte Entschädigungen", sagte Troschkin. Auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion warten nach Schätzungen insgesamt etwa eine Millionen ehemaliger Zwangsarbeiter auf eine Entschädigung. Die meisten von ihnen haben nur noch eine geringe Lebenserwartung. Allein in der Ukraine sterben nach offiziellen Angaben jeden Monat etwa 6.000 ehemalige Zwangsarbeiter, für die eine Wiedergutmachung aus Deutschland zu spät kommt.

Auch polnische Opfervertreter und Politiker hoffen auf eine schnellstmögliche Entschädigung der ehemaligen NS-Zwangsarbeiter. Dank der Entscheidung der US-Bundesrichterin Shirley Kram könne der Deutsche Bundestag noch vor der Sommerpause den Weg für die Auszahlungen freimachen, erklärte am Freitag der polnische Ministerpräsident Jerzy Buzek. Dann sei es endlich möglich, "diesen tragischen Abschnitt unserer Geschichte abzuschließen und den Menschen, die gelitten haben, eine gewisse Genugtuung zukommen zu lassen".

Der Sprecher der Stiftung "deutsch-polnische Aussöhnung", Mateusz Chachaj, betonte: "Nun ist es höchste Zeit, dass die Auszahlungen beginnen." Dis Stiftung sei darauf vorbereitet, die ersten 150.000 von insgesamt 500.000 erwarteten Anträgen nach Deutschland zu schicken. Gleichzeitig erwartete Chachaj, "dass der Bundestag auf seiner nächsten Sitzung Rechtssicherheit für deutsche Unternehmen feststellt".

In den polnischen Medien wurde das New Yorker Urteil am Freitag mit Zufriedenheit kommentiert. "Nun ist Deutschland an der Reihe" lautete die einhellige Überzeugung. Gleichzeitig wurden Ängste laut, dass die deutsche Wirtschaft die Auszahlung der Entschädigungen weiterhin verzögern könne. "Man muss hoffen, dass Vernunft und guter Wille siegen", hieß es etwa in der konservativen Zeitung "Rzeczpospolita" am Freitag. "Wenn das nicht geschieht, werden die deutschen Erklärungen über die Bereitschaft zur symbolischen Wiedergutmachung für viele Menschen in Polen wenig glaubwürdig sein." (APA/dpa)