Formel 1
Heidfeld: "Zurück zu Mercedes? - Das wäre wunderbar"
"Nach dem verpatzten Einstand im Team von Alain Prost
machen Sie Ihrem Namen Quick Nick als Sauber-Mann alle Ehre. Hätten
Sie Ihr Team vor Saisonbeginn so stark eingeschätzt?"
Nick Heidfeld: "Auf keinen Fall, aber es befreit unheimlich.
Im Vorjahr dagegen hatten bei Prost alle viel mehr erwartet. Der
Wagen sah super aus, alle sagten: Du schaffst den Durchbruch, und
dann kam gar nichts. Das war frustrierend. Sauber war das Beste,
was mir passieren konnte. Auch für die Zukunft."
"Die großen Schlagzeilen gehören den Schumacher-Brüdern.
Stört Sie das?"
Heidfeld: "Ich finde es nicht schlimm, im Schatten zu stehen.
Mir wäre es ohnehin am liebsten, erfolgreich, aber nicht bekannt zu
sein. Aber das kann man sich nicht aussuchen, der Rummel ist der
Preis des Erfolges."
"Haben sich Ihre Zielsetzungen nach dem erfolgreichen
Start in dieser Saison geändert?"
Heidfeld: "Zu Saisonbeginn hatte ich keine konkreten Ziele.
Ich kannte den Wagen nicht, um die Situation einzuschätzen. Ich
wollte nur möglichst schnell in die Punkte fahren, nachdem es im
Vorjahr nicht geklappt hat. Für uns ist ein Platz unter den Top-Ten
wie eine Pole Position. Wir wissen jetzt, dass wir mit ein bisschen
Glück immer in die Punkte fahren können. Das baut auf."
"Beim Prost-Team hatten Sie in Jean Alesi einen
erfahrenen Teamkollegen, bei Sauber müssen Sie die Führungsrolle
übernehmen. War das eine große Umstellung?"
Heidfeld: "Es wurde zwar oft geschrieben, dass ich als Nummer
eins eine schwierige Aufgabe hätte. Aber ich mache das eigentlich
gerne. Es macht mir Spass, mich gut auf die Sache vorzubereiten,
viel mit den Technikern zusammenzuarbeiten und dabei zu helfen, den
Wagen weiterzuentwickeln."
"Also gibt es bei Sauber doch eine Stallorder?"
Heidfeld: "Einen richtigen Nummer-eins-Status gibt es bei uns
nicht. Sicherlich habe ich wegen meiner größeren Erfahrung etwas
mehr die Führungsrolle übernommen, aber deshalb bin ich nicht die
Nummer eins im Team."
"Werden Sie Ihren Dreijahresvertrag bei Sauber erfüllen
oder schon vorher zu McLaren-Mercedes wechseln, wo die sportlichen
Perspektiven natürlich noch besser sind?"
Heidfeld: "Klar will ich mal eine Weltmeisterschaft gewinnen,
das ist mit Sauber eher unwahrscheinlich. Aber wenn ich zu einem
Top-Team will, muss ich erstmal gute Leistungen bringen."
"Und wann fahren Sie für Mercedes?"
Heidfeld: "Mercedes hat mich ja schon lange gefördert, bereits
zu Formel-3-Zeiten. Und auch unser Formel-3.000-Team war sowas wie
ein McLaren-Junior-Rennstall. Ich verstehe mich sehr gut mit den
Leuten. Es wäre wunderbar, irgendwann mal wieder für Mercedes zu
fahren."
"Die Formel-1-Fahrer werden immer jünger. Woran liegt das?"
Heidfeld: "Die Leute fangen heutzutage einfach früher mit dem
Motorsport an. Vor ein paar Jahren noch war kaum ein Fahrer unter
18, heute fahren die meisten schon mit 15 oder 16 in irgendwelchen
Formel-Serien und kommen deshalb auch früher in die Formel 1. Und
die Jungen waren dort ja zuletzt auch sehr erfolgreich. Da sind die
Teamchefs mutiger geworden und trauen sich nun verstärkt auf junge
Piloten zu setzen."
"Haben Sie BMW-Williams und Ralf Schumachers so stark
eingeschätzt?"
Heidfeld: "Auf alle Fälle. Nach Ralf Schumachers Sieg in Imola
steht einem Dreikampf um den WM-Titel nichts mehr im Weg. Jeder
hatte mit einem baldigen BMW-Sieg gerechnet, für keinen war es
überraschend. Es war nur eine Frage der Zeit. Klar, dass das Team
selbst tiefstapelt. Aber Ralf hatte auch schon in der Vergangenheit
seine Klasse gezeigt."
"Im Duell mit Ihrem Gladbacher Kollegen Heinz-Harald
Frentzen scheinen Sie dieses Jahr die Nase vorn zu haben ..."
Heidfeld: "Natürlich ist es schön vor ihm zu sein, denn
Heinz-Harald sitzt derzeit im besseren Auto. Aber eigentlich ist es
unwichtig, ob einer aus Mönchengladbach ist oder nicht. Hauptsache,
ich stehe vorn, wer hinter mir ist, ist doch egal."
"Michael Schumacher glaubt, dass die Traktionskontrolle
erst die wahren Qualitäten eines Fahrers zeigt. Sehen Sie das
ähnlich?"
Heidfeld: "Dem kann ich nur zustimmen. Es ist einfach mehr
Feingefühl gefragt. Dem technisch versierten Fahrer kommt dies
entgegen, der kann den Wagen nun perfekt abstimmen und hundert
Prozent auf der Strecke rausholen."
"Und wie gut ist der Sauber?"
Heidfeld: "Wenn alles perfekt läuft, können wir im Qualifying
um Platz zehn fahren. Das ist unsere momentane Leistungsstärke. Bei
den Platzierungen in den Punkterängen profitieren wir derzeit in
den Rennen hauptsächlich von den Ausfällen anderer und unseren
wenigen Fehlern. Aber nur die Leistungen im Qualifying zeigen, wo
man wirklich steht. Podestplätze bleiben jedoch die Ausnahme."(sid)