Standard: Die Autofahrer zahlen unter anderem die Vignette, die Mineralölsteuer, die Kfz-Steuer, die Nova, diverse Mauten und müssen dennoch über Rumpelpisten fahren. Ist das eine gerechte Gegenleistung für das vom Staat kassierte Geld? Forstinger: Das sind die Altlasten, die ich übernommen habe. Gerade bei der Erhaltung wurde in den letzten Jahren wenig Schwergewicht gesetzt. Man hat bis Ende der Neunzigerjahre nur 0,5 Prozent des Substanzwertes in die Sanierung der Autobahnen gesteckt. Der internationale Schnitt ist ein Prozent. Ich habe diese Prioritäten umgereiht. Jetzt werden pro Jahr 1,8 Milliarden Schilling - das entspricht etwa einem Prozent - in die Erhaltung investiert. Das hat natürlich viele Baustellen zur Folge. Wenn wir aber rasch handeln, können wir einen Zustand herstellen, der sich international sehen lassen kann. Mit den jährlich 1,8 Milliarden werden wir in etwa acht Jahren eine Rundumerneuerung haben, das gesamte Streckennetz wird dann in einem Top-Zustand sein. STANDARD: Den Autofahrerklubs geht das zu langsam. Sie argumentieren, dass die Autofahrer jährlich 100 Milliarden ins Budget einzahlen und nur einen Bruchteil zurückbekommen. Das sei eine "Bankrotterklärung der Politik". Forstinger: Man muss sich genau anschauen, was in die Straßen investiert wurde: 1999 sind nur drei Milliarden in den Straßenneubau investiert worden, 2000 waren es 5,3 Milliarden, und jetzt hab' ich sieben Milliarden. Die Einnahmen aus Vignetten und dergleichen sind zwar hoch. Tatsache aber ist auch, dass wir sehr hohe Schulden angehäuft haben. Wir müssen uns deswegen sehr genau überlegen, welche Maßnahmen wir setzen. Manche Sorgen und Bedenken sind aber durchaus gerechtfertigt. Wir sollten das Geld, das wir einnehmen, auch für die Straßen verwenden. Absolute Priorität hat dabei das Lückenschlussprogramm. STANDARD: Es hat bis 1987 eine Zweckbindung der Mineralölsteuer für Straßenneubau und -erhalt gegeben. Wäre das nicht auch jetzt sinnvoll? Forstinger: Wir haben ein Budgetziel zu erreichen. Es ist absolut notwendig, dass wir auch wieder darüber nachdenken, wie viel Anteil der Mineralölsteuer wir zweckbinden können, damit wir die Infrastruktur entwickeln. STANDARD: Stichwort Roadpricing: Mit den Lkw, die derzeit sehr kostengünstig durch Österreich fahren, geht sehr viel Geld verloren. Wann wird die durchgängige Lkw-Maut endlich umgesetzt? Forstinger: Ich habe das sofort in Angriff genommen. Es ist ein sehr sportlicher Wunschzeitplan vorgegeben. Wir werden die Lkw-Maut technisch abgestimmt mit Deutschland einführen. Derzeit läuft die Interessentensuche. Die wird im Juni abgeschlossen sein, und dann wird auch die die Ausschreibung erfolgen. STANDARD: Gibt es schon Interessenten, die man nennen kann? Forstinger: Nein. STANDARD: Sie haben die technische Abstimmung mit Deutschland angesprochen. Die Deutschen wollen im Oktober über ihre Systempräferenz entscheiden. Was passiert, wenn sich das verzögert? Wird 2003 als geplanter Einführungstermin für das Lkw-Road- pricing dann noch halten? Forstinger: Die Abstimmung mit Deutschland ist ganz wichtig. Aber erst zu Zeiten Kurt Bodewigs (des neuen deutschen Verkehrsministers; Anm.) ist das Thema Maut auch in Deutschland vom Tagesordnungspunkt Allfälliges wieder hinaufgerückt. Wir sind in engem Kontakt. Ich gehe davon aus, dass die Deutschen ihre Entscheidung im Oktober auch fällen werden. STANDARD: Das heißt, der Zeitplan 2003 wird halten? Forstinger: Ja, die Vergabe muss im ersten Halbjahr 2002 erfolgen. Härte beim Transit Standard: 2003 läuft der Transitvertrag mit der EU aus. Wird der neue Vertrag die Beitrittskandidaten einbeziehen? Forstinger: Die müssen einbezogen werden, wenn es eine langfristige Lösung geben soll. Es war unsere Bedingung an die Beitrittswilligen, dass alle Mitgliedsstaaten den Vertrag unterzeichnen müssen. Auch wenn manche enthaltenen Maßnahmen oft diskutiert werden, ist das die Voraussetzungen, dass wir uns rasch über eine Lösung nach 2003 einigen. Gerade in den letzten Monaten sieht man die Bereitschaft etwa von Frankreich, von Deutschland und Italien, sich ernsthaft mit uns an einen Tisch zu setzen und Maßnahmen auszuarbeiten. Die sehen, dass wir in einer starken Rechtsposition sind. STANDARD: Wird es für die osteuropäischen Staaten ein Junktim geben, zwischen Beitritt und Transitvertrag? Forstinger: Ich hoffe, dass ich es nicht brauche. STANDARD: Zum "Nationalen Verkehrssicherheitsplan": Sie haben auf einer STANDARD-Enquete im Jänner dieses umfassende Konzept für Jahresende angekündigt. Gibt es schon jetzt Ansätze, die definitiv dazugehören werden? Forstinger: An diesem Programm arbeiten zurzeit die Experten. Wesentlich ist, dass wir die Maßnahmen international vergleichen und von einer Diskussion über die Einzelmaßnahmen wegkommen. Ich möchte das Gesamtpaket bis Ende des Jahres haben und dann vorstellen. STANDARD: Sie sind jetzt fast genau ein halbes Jahr im Amt. Hat die politische Erosion dem blauen Urgestein schon etwas zugesetzt? Forstinger: Tatsache ist, ich steh' fest am Boden. STANDARD: Es gibt aber immer wieder Ablösegerüchte. Es heißt, Sie sollen nach dem FP-Konvent am 23. Juni nicht mehr der Regierung angehören. Werden Sie nach dem 23. Juni noch Ministerin sein? Forstinger: Die Regierungsumbildung und die Ablösegerüchte stehen nur in den Zeitungen. Ich bin damit nicht konfrontiert worden. Von niemandem. (Christoph Prantner, DER STANDARD Print-Ausgabe 11. Mai 2001)