Wien - Das österreichische Verbot von Nachtarbeit für Frauen wird endgültig abgeschafft. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein legt dem Ministerrat heute, Dienstag, eine Punktuation vor, mit der ab 1. Jänner 2002 die heimische Regelung an die geltende EU-Richlinie angepasst wird.

Hierzulande ist die Nachtarbeit für Frauen prinzipiell verboten, doch das Verbot hat viele Löcher. Es gibt eine Reihe von gesetzlichen Ausnahmen, etwa für die Gastronomie (Kellnerinnen), für soziale Berufe (Krankenschwestern, Hebammen, Ärztinnen), für Detektivinnen, Telefonistinnen oder für Beschäftigte in den Taxifunkzentralen.

1998 wurde das Verbot weiter gelockert, weil klar war, dass das generelle Nachtarbeitsverbot von Frauen in der EU nicht zu halten sein wird. Seit damals ist Frauen-Nachtarbeit in jenen Branchen erlaubt, in denen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Kollektivvertrag auf entsprechende Spielregeln einigen können. Diese Chance nützten nur die Metallbranche, Druck und Papier und die Nahrungsmittelindustrie aus.

Insgesamt sind es laut Statistik Austria 113.000 Frauen und 248.000 Männer, die regelmäßig in der Nacht zwischen 22 Uhr abends und sechs Uhr in der Früh werken. Das sind knapp zehn Prozent aller Erwerbstätigen.

Ende der Galgenfrist

Mit der vorsichtigen Öffnung vor drei Jahren konnte sich Österreich zwar eine Galgenfrist bis Ende 2001 herausholen. Diese verfällt nun definitiv. Die EU-Arbeitszeitrichtlinie sieht für Nachtarbeiter - für Frauen wie Männer - eine normale Arbeitszeit von acht Stunden innerhalb von 24 Stunden vor, also mit Ruhepausen dazwischen. Nachtarbeiter beiden Geschlechts müssen laut EU regelmäßig untersucht werden und haben bei Gesundheitsproblemen einen Versetzungsanspruch auf einen Tagesjob, sofern das betrieblich möglich ist.

Viel besser als in den EU-Richtlinien steigen Frauen bei den hiesigen kollektivvertraglichen Vereinbarungen aus: Bei den Metallern etwa muss unbedingt auch noch auf die Betreuung von Kindern unter zwölf Jahren Rücksicht genommen werden. Alle drei Monate gibt es Gesundheitsuntersuchungen, und bei nachweislicher Gefährdung wird möglichst wieder auf Tagesjobs umgesattelt. Zudem müssen geeignete Transportmittel bereitgestellt und Zeitzuschläge gewährt werden.

"Ich möchte die Gelegenheit nützen, eine Besserstellung für alle zu erreichen, die Nachtarbeit leisten, für Frauen und Männer", sagt Renate Csörgits, Frauenvorsitzende im Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) in einer ersten Reaktion zum STANDARD. Außer Streit sei zu stellen, dass weder schwangere Frauen noch Lehrlinge in der Nacht beschäftigt werden dürfen. Wichtig ist ihr, dass nach dem Vorbild der Metaller die Betriebsräte via Betriebsvereinbarungen mitbestimmen können, dass Bedacht genommen wird auf Betreuungspflichten, Transportmöglichkeiten und die Gesundheit. Wer Nachtarbeit nicht verkraftet, soll auf Tagesjobs zurückkehren dürfen. Auf alle Fälle drängt Csörgits darauf, die Sozialpartner bereits im Vorfeld der neuen Regelung einzubinden.

"Ordentliche Zuschläge" sollen Firmen für die Nachtarbeit beider Geschlechter zahlen, meint Martina Thomasberger, zuständige Fachexpertin in der Arbeiterkammer. "Keine Berufsgruppe ist nachweislich so ausgebrannt wie NachtarbeiterInnen." Es gebe bestimmt auch Frauen, die glauben, Kinder und Arbeit leichter unter einen Hut zu bringen, wenn sie in der Nacht arbeiten. "Es besteht die Gefahr, dass sie sich davon goldene Äpfel erwarten, aber daraus saure Trauben werden." (APA/lyn, D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 8. 5. 2001)