Kosovo
Zerfall Jugoslawiens: Österreichs Rolle war "nicht die beste"
Mihajlo Kovac, neuer Botschafter in Wien, kritisiert damaliges Vorgehen des Außenministeriums
Wien - Der neue Botschafter Jugoslawiens in Österreich, Mihajlo Kovac, will sich für die Rehabilitierung der internationalen Stellung
Jugoslawiens und die rasche Eingliederung in alle internationalen Institutionen einsetzen. "Zeit, Wille und Verständnis" seien für den
Reformprozess in Jugoslawien notwendig, erklärte Kovac, der am Montag sein Beglaubigungsschreiben in der Hofburg überreicht. In den bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Jugoslawien setzt der Botschafter vor allem auf ökonomische
und kulturelle Zusammenarbeit.
Kovac rief zu Investitionen in Jugoslawien auf. Österreich könne "als eines der jüngsten EU-Mitglieder vor allem logistisch und infrastrukturell
helfen". Dies sei von "unschätzbarem Wert". Mit konkreter Kooperation rechnet der Diplomat im Bereich Verkehr, Landwirtschaft und
Tourismus. Kulturell müsse das Verständnis forciert werden: "Die Sprache der Kultur ist das geeignetste Mittel." Bis zum Jahresende soll es
auch eine serbische Kulturwoche in Wien geben, in der "das Beste, was Belgrad zu bieten hat, gezeigt wird".
"Viele wichtige Schritte gesetzt"
"Wir sind jetzt auf einem Felsen, von dem Europa zu sehen ist", sagte der Botschafter. Die jugoslawische Regierung habe seit ihrem
Machtantritt im Oktober 2000 schon viele wichtige Schritte gesetzt. "Auf der Basis eines langen und schmerzlichen Reformprozesses" gehe
Belgrad konsequent den Weg in Richtung europäische Integration. Oft sei aber ein "Mangel an Rationalität" bei der Nennung immer neuer
Bedingungen für Jugoslawien zu erkennen. So hätte vor sechs Monaten noch niemand zu denken gewagt, dass Jugoslawiens Ex-Präsident
Slobodan Milosevic im April 2001 im Gefängnis sitzen werde. Man müsse heute ein "höheres Maß an Verständnis" haben.
Der Diplomat übte auch Kritik an den österreichischen Medien. Teilweise gebe es nach wie vor "unverantwortliche Stereotype" und eine
"einseitige" Berichterstattung, die für alles, was im früheren Jugoslawien geschah, nur "die Serben" beschuldige. Bestimmte Medien hätten nie
den Unterschied zwischen Regime und Volk erkannt. Das serbische Volk verdiente eine solche "Schwarz-Weiss-Malerei" nicht. Kovac, der
in Belgrad jahrelang Journalist war, ist aber optimistisch, dass auch die österreichischen Medien "den Rhythmus der positiven Beziehungen
zwischen der österreichischen und jugoslawischen Regierung annehmen werden".
"Nicht die beste Rolle"
Die Rolle Österreichs im jugoslawischen Zerfallprozess bezeichnete Kovac als "nicht die beste". Er bedaure auch, dass sich damals nicht der
"rationalere Ansatz von (Ex-Bundeskanzler Franz) Vranitzky gegen die "Mock-Linie (damaliger Außenminister Alois Mock, Anm.)"
durchsetzte. Kein Land könne nach der blutigen Katastrophe in Jugoslawien Interesse haben, von einer Seite (Kroatien, Anm.) Dank für
seine Politik zu bekommen. Österreich habe aber keine Schlüsselrolle beim Zerfall Jugoslawiens gespielt, sondern Deutschland und die USA.
Kovac lobte dagegen die heutige Außenpolitik Österreichs, vor allem der Außenministerin, und sprach die Hoffnung aus, dass die
EU-Grenzen ein Mal bis an Jugoslawiens östliche Grenzen reichen.
Mihajlo Kovac wurde 1946 in Subotica in der Vojvodina geboren. Er entstammt einer ungarisch-serbischen Familie. Nach seinem
Politologie-Studium in Zagreb machte Kovac vor allem als Journalist Karriere. Zahlreiche Publikationen und von ihm moderierte
Fernseh-Sendungen machten ihn populär. 1992 wurde Kovac, der immer in Opposition zu Milosevic stand, entlassen. Danach war er als
freier Journalist und Politiker tätig. Kovac gehört auch zu den Mitbegründern der Demokratischen Partei Serbiens, deren Vorsitzender der
jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica ist. (APA)