Berlin - Führende Grünen-Politiker haben der FDP vorgeworfen, ihr gehe es nicht um politische Inhalte, sondern nur noch um eine Rückkehr an die Macht. Das FDP-Projekt "18 Prozent" habe nur einen Sinn: wieder an die Regierung zu kommen, sagte Außenminister Joschka Fischer am Samstag beim hessischen Landesparteitag der Grünen. Der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Rezzo Schlauch, sagte am Sonntag in Berlin: "Sie wollen regieren um jeden Preis - mit wem auch immer." Fischer rief seine Partei auf, den politischen Kampf mit der erneuerten FDP der "Generation Guido" (Westerwelle) aufzunehmen. Es gebe keinen Grund, der FDP eine Erneuerung der Gesellschaft zuzutrauen. Sie sei 29 Jahre lang an der Regierung gewesen und habe alle Zeit der Welt gehabt, ihre Ziele durchzusetzen. "Die Grenzen der Lächerlichkeit ..." Schlauch geht nicht davon aus, dass die FDP mit der Verjüngung an der Parteispitze die auch von den Grünen umworbenen jüngeren Wähler binden kann. "Das macht mir die wenigsten Sorgen." Der 39-jährige Westerwelle sei auch kein "heuriger Hase" mehr. "Er ist ein Gewächs des Politikbetriebes seit über zehn Jahren." Dass die FDP sich bei ihrem Parteitag in Düsseldorf stundenlang Zeit für die Debatte über einen eigenen Kanzlerkandidaten genommen habe, gehe bis an die "Grenzen der Lächerlichkeit", sagte Schlauch. Dies zeige, dass die Partei nicht in der Lage sei zu zeigen, wo sie inhaltlich stehe. Die Ankündigung des neu gewählten Vorsitzenden Guido Westerwelle, die FDP wolle sich auf den Gebieten Bildungspolitik, Gentechnik und soziale Marktwirtschaft profilieren, bezeichnete Schlauch als "Schlagworte". Der Begriff Bildungspolitik sei bei der FDP nicht ausgefüllt. Bei der Gentechnik gebe es keine Grenzziehungen. Für die FDP sei auf diesem Gebiet alles möglich. Schlauch: "Das ist problematisch - um nicht zu sagen: verantwortungslos." Gegen "Öffnung zur politischen Mitte" Führende Grünen-Landespolitiker plädierten in der "Welt am Sonntag" (WamS) unterdessen dafür, die Partei solle sich in Zukunft wieder stärker auf ihre ursprünglichen Kernkompetenzen wie Ökologie und Soziales besinnen, statt sich mit Wirtschaftsthemen zur politischen Mitte hin zu öffnen. "Die Wähler wollen von den Grünen vor allem Umweltpolitik", sagte der schleswig-holsteinische Umweltminister Klaus Müller. Die niedersächsische Landesvorsitzende Heidi Tischmann sagte: "Wir müssen uns auf die sozial Schwachen und Benachteiligten konzentrieren, die keine Lobby haben". Bei den Grünen habe es in der Vergangenheit zu viele "neoliberale Tendenzen" gegeben. Eine im Jänner erarbeitete Studie der Forschungsgruppe Wahlen hatte ergeben, dass 44 Prozent der Wähler die Grünen beim Thema Ökologie große Kompetenz zubilligen. Dagegen traute nur ein Prozent der Befragten den Grünen am ehesten die Lösung wirtschaftlicher Probleme zu. Die Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel sagte der WamS, die Wirtschafts- und Steuerpolitik sei zu wenig nach außen kommuniziert worden. "Daraus darf man nicht den falschen Schluss ziehen, das Thema in der Versenkung verschwinden zu lassen." (APA/dpa)