Washington - Wirtschaftsminister Martin Bartenstein rechnet nach der EU-Erweiterung nicht mit einer Einwanderungswelle aus den neuen Mitgliedsstaaten nach Österreich. Die von Österreich und Deutschland geforderte siebenjährige Übergangsfrist für die Freizügigkeit beim Personenverkehr sei jedoch notwendig, um eine skeptische Bevölkerung für die Erweiterung zu gewinnen, sagte Bartenstein bei einem Vortrag vor Diplomaten und Geschäftsleuten im "European Institute" in Washington: "Verwenden wir die Übergangsfristen doch als Beruhigungspille, die wir hoffentlich nicht brauchen werden." Bartenstein verwies auf den großen Unterschied in der Arbeitslosenrate zwischen der Ostslowakei und der Hauptstadt Bratislava, der dennoch keine Wanderungswelle im Lande ausgelöst hat. "Wenn die Menschen nicht einmal innerhalb ihres eigenen Landes übersiedeln, werden sie auch nicht in Massen nach Österreich kommen", sagte er. Bartenstein bekräftigte die Notwendigkeit einer kontrollierten Zuwanderung, um den Arbeitskräftemangel abzufedern. Bei seinem US-Besuch, seinem ersten als Wirtschaftsminister, versuchte Bartenstein vor allem, die Einstellung der neuen US-Regierung zur Wiederaufnahme einer Welthandelsrunde beim Gipfel der Welthandelsorganisation (WTO) in Katar auszuloten. Die meisten seiner Gesprächspartner wie der Handelsdelegierte Robert Zoellick und der Wirtschaftsberater von Präsident George Bush, Lawrence Lindsey, erklärten ihre Unterstützung für eine neue WTO-Runde. Offen bleibe aber, ob die Republikaner nicht der nord- und südamerikanischen Freihandelszone (FTAA) den Vorrang geben würden, sagte Bartenstein. (Eric Frey, DER STANDARD, Printausgabe 5.5.2001)