Eklatante Personalknappheit betrifft nun auch Consultingfirmen: Der in Brüssel ansässige Beraterverband FEACO beziffert die Umsatzsteigerungen der Branche in den letzten fünf Jahren in Europa mit mehr als 300 Prozent, das bedeutet in absoluten Zahlen einen Sprung von knapp 14 auf 46 Milliarden Euro.Recruiting-Events Den Recruiting-Strategien im "war for talents" kommt damit immer größere Bedeutung zu: Die Boston Consulting Group lädt zum Museumsbesuch, McKinsey in exklusive Hotels, und Accenture fliegt ausgewählte Kandidaten zum "Boost your career"-Recruiting Workshop nach London. "Für das kommende Geschäftsjahr haben wir im deutschsprachigen Raum 1000 Stellen zu besetzen", quantifiziert Michael Görner, Partner aus dem Frankfurter Accenture Büro, den Nachwuchsmangel. Für Österreich bedeutet dies bei 190 Mitarbeitern in der Wiener Niederlassung einen gewünschten Neuzugang von 100. Rund zwei Drittel davon sollen unter Universitätsabsolventen angeworben werden. Vier bis fünf Mal pro Jahr veranstaltet der Beratungsriese, der seit seiner Abspaltung von der Schwesterfirma Arthur Andersen im Vorjahr unter dem Namen "Accenture" firmiert, einen Recruiting Workshop für "graduate hires", also Universitätsabsolventen in spe. Diesmal fungierte London, größter Finanzplatz Europas, als symbolträchtige Kulisse, da zukünftige Consultants für die Beratungssparte "Financial Services" gesucht wurden. High Potentials "Wir wollen uns den High Potentials präsentieren und zu den Studenten frühzeitig eine Beziehung aufbauen", erklärt Klaus Malle, Partner aus dem Wiener Büro, den Rahmen der dreitägigen Recruiting-Veranstaltung, deren Hauptzweck im "gegenseitigen Kennenlernen" bestand. 20 Berater, darunter auch drei Partner, waren angereist, um sich den 51 Kandidaten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz vorzustellen und Fragen zum Berateralltag zu beantworten. Die Frauenquote unter der Teilnehmern von rund zehn Prozent spiegelt dabei ungefähr den weiblichen Anteil in der Managementebene wider. Soft skills In Fallstudien-Teams stellten die Bewerber schließlich ihre Beratertauglichkeit unter Beweis. Dabei stand Teamfähigkeit an oberster Stelle der gefragten soft skills, gefolgt von Selbstbewusstsein, Leadership-Qualitäten, Konsensfähigkeit und Kommunikationsstärke. Bei der Präsentation der Teamergebnisse gegenüber den Partnern, die in die Rolle des "bösen Kunden" schlüpften, demonstrierten die Teilnehmer schließlich auch noch ihre Eloquenz. Zwei Drittel von ihnen mit Erfolg, wie sich herausstellte: Sie nahmen ein Jobangebot mit nachhause. Der Fun-Faktor kam ebenfalls nicht zu kurz: Eine Stadtrundfahrt durch London sowie die Besichtigung der Bank of England und des Parketthandels an der Metallbörse boten den Kandidaten die Gelegenheit, mit den Consultants informell über deren Berufsalltag zu plaudern. "Mich interessiert, wie die Projekte gestaltet sind, wie die Arbeitszeiten aussehen und was man zukünftig verdienen kann," bringt ein Teilnehmer den wichtigsten Aspekt des Kennenlernens auf den Punkt. Und: Das Package aus monetärer und nichtmonetärer Vergütung muss stimmen. Warum er sich bei Accenture beworben hat? Die IT-Lastigkeit der Beratungstätigkeit sowie der Ruf als eines der weltweit führenden Consulting-Unternehmen gaben den Ausschlag, so der Tenor unter den Teilnehmern, wie auch die Möglichkeit einer internationalen Karriere. "Wir arbeiten mit und bei dem Kunden vor Ort. Dabei wird es sich meistens nicht um Ihren Wohnort handeln", betont Michael Görner die Bereitschaft zur Mobilität als Grundvoraussetzung einer Beratungskarriere. Die Einsatzgebiete liegen größtenteils im deutschsprachigen Raum, wobei es auch die Möglichkeit gibt, sich um ein einjähriges Austauschprogramm mit den Büros in London und New York zu bewerben. (DER STANDARD, Print-Augabe)