Film
Michael Haneke darf sich Chancen auf die Goldene Palme ausrechnen
"Die Klavierspielerin" könnte erreichen, was "Funny Games" - angeblich - nur knapp verpasst haben soll
Wien - Heuer könnte es klappen: Mit der Verfilmung von
Elfriede Jelineks Roman "Die Klavierspielerin" rechnet sich Michael
Haneke keine schlechten Chancen auf eine Goldene Palme bei den 54.
Internationalen Filmfestspielen (9. bis 20.Mai) aus. Österreichs
international gefragtester Filmemacher hat bisher alle seine
Kinoarbeiten in Cannes präsentiert und startet bereits zum dritten
Mal im Wettbewerb von Cannes. Für eine Auszeichnung ist er in
Frankreich eigentlich überfällig.Aufsehen erregend
Hanekes Gewaltstudie "Funny Games" war 1997 nach 35 Jahren der
erste österreichische Wettbewerbs-Beitrag bei den Filmfestspielen in
Cannes und zugleich der Aufsehen erregendste und umstrittenste. Nur
knapp, so heißt es, habe der Film damals eine Auszeichnung verfehlt.
Sein weniger provokanter Episodenfilm "Code Inconnu", eine
österreichisch-französische Koproduktion mit der französischen
Star-Actrice Juliette Binoche, spaltete im Vorjahr die Kritik, wurde
vom Publikum aber mit Begeisterung aufgenommen.
"Die Klavierspielerin", eine österreichisch-französische
Koproduktion (Österreich ist Hauptproduzent), beschreibt die
sadomasochistisch geprägten Beziehungen einer Wiener Klavierlehrerin
zu ihrer dominanten Mutter und einem ihrer Schüler. Die Hauptrolle
spielt die französische Starschauspielerin Isabelle Huppert, auch die
Rollen der Mutter und des Klavierschülers sind mit Annie Girardot und
Benoit Magimel prominent besetzt, weitere Mitwirkende sind u.a.
Susanne Lothar und Udo Samel.
Biographie
Haneke wurde am 23. März 1942 in München als Sohn der
österreichischen Schauspielerin Beatrix von Degenschild und des
Düsseldorfer Regisseurs und Schauspielers Fritz Haneke geboren. Seine
Kindheit und Jugend verbrachte er in Wiener Neustadt. Neben dem
Studium der Philosophie und Psychologie in Wien versuchte sich
Haneke, der ursprünglich Schauspieler oder Konzertpianist werden
wollte, als Autor und arbeitete als Film- und Literaturkritiker.
Von 1967 bis 1971 war er als Redakteur und Fernsehspieldramaturg
beim Südwestfunk in Baden-Baden beschäftigt. In dieser Zeit entstand
sein erstes, noch unverfilmtes Drehbuch mit dem Titel "Wochenende".
Anfang der 70er Jahre debütierte Haneke als Bühnenregisseur am
Stadttheater Baden-Baden mit "Ganze Tage in den Bäumen" von
Marguerite Duras. Es folgten Theater-Inszenierungen in Darmstadt,
Düsseldorf, Frankfurt am Main, Stuttgart, Hamburg, München und Wien.
1973 entstand Hanekes erster Fernsehfilm, "...und was kommt
danach? (After Liverpool)" nach einem Text von James Saunders. Es
folgten TV-Streifen wie "Sperrmüll" (1976), "Drei Wege zum See"
(1976, nach Ingeborg Bachmann), "Lemminge" (zweiteilig, 1979),
"Variation" (1983), "Wer war Edgar Allan?" (1984, nach Peter Rosei),
"Nachruf für einen Mörder" (1991) oder "Die Rebellion" (1992). Sein
erster Kinofilm, "Der siebente Kontinent", hatte 1989 in Cannes im
Rahmen der Reihe "Quinzaine des realisateurs" Premiere. Die mit
diesem Film begonnene "Trilogie der emotionalen Vereisung", zu der
auch "Benny's Video" gehört, schloss er mit dem Film "71 Fragmente
einer Chronologie des Zufalls" ab, der 1994 wiederum in Cannes
herauskam.(APA)