Wien - Frieden und Stabilität auf dem Balkan ist nur über eine Integration in Europa erreichbar. Diese Meinung vertrat der serbische Vizeministerpräsident Zarko Korac Mittwoch in Wien zu Beginn der Vortrags- und Diskussionsreihe "Österreich - Serbien - Europa: Anatomie einer Beziehung". Die Integration in die europäischen Institutionen sei auch das Hauptziel Serbiens, betonte Korac. Nationalratspräsident Heinz Fischer und der Generalsekretär des österreichischen Außenministeriums, Albert Rohan, bekräftigten, dass Europa diesen Prozess unterstützen sollte. Reformschritte Korac unterstrich, dass die Regierung DOS (Demokratische Opposition Serbiens) schon erste wichtige Reformschritte unternommen habe. Es sei aber noch viel zu tun. "Serbien musste viele Jahre mit Sanktionen und viele Jahre im Krieg leben", betonte der DOS-Politiker. Nun gebe es "viele große Probleme" zu lösen. So betrage die Arbeitslosigkeit um die 40 Prozent und etwa 700.000 Flüchtlinge würden sich derzeit in Serbien aufhalten. Die junge Regierung benötige jetzt Unterstützung von der Mehrheit der serbischen Bevölkerung und der Internationalen Gemeinschaft, sagte Kovac. Notwendig sei jedenfalls eine Modernisierung des Landes. Noch immer gebe es die Gegensätze "Moderne und Traditionalismus, Gewalt und Frieden". "Der Balkan ist aber auch Teil Europas", so Korac, und jetzt sei eben die Unterstützung seitens der Internationalen Gemeinschaft gefragt. Problem Vergangenheit Ein großes Problem in Serbien ortete Korac in der Beziehung zur Vergangenheit. Es gebe nach wie vor Tendenzen, diese vergessen zu wollen. Bezüglich der Auslieferung von Milosevic an das UNO-Kriegsverbrecher-Tribunal gebe es sehr unterschiedliche Meinungen. Aber eine Mehrheit sei für eine Zusammenarbeit mit Den Haag. Derzeit werde an einem Gesetzesentwurf gearbeitet, der noch im Mai im Parlament beraten werden soll. Nationalratspräsident Heinz Fischer erinnerte an die oft problematischen historischen Beziehungen zwischen Serbien und Österreich. Vor allem während des Krieges in den neunziger Jahren habe es in den österreichischen Medien auch viele Vorurteile gegenüber Serbien gegeben, darunter eine "einseitige und unfaire" Berichterstattung. Für die Zukunft wäre eine "faire, möglichst objektive und gerechte Beurteilung der jeweils anderen Seite" notwendig. Chance der Annäherung an Europa Nach dem Regimewechsel habe Serbien nun eine große Chance, sich an Europa anzunähern und "ein neues Kapitel aufzuschlagen", so Fischer. "Europa muss diesen Prozess unterstützen und begleiten und Rückenwind verschaffen." Der Großteil der Anstrengungen müsse aber natürlich von innen kommen, "die Hauptlast liegt auf den Schultern der Bevölkerung". Wichtig sei jetzt der Aufbau und die Absicherung einer Zivilgesellschaft. Auch Österreich dürfe sich "nicht vor der Verantwortung drücken", so Fischer. Gute Beziehungen zwischen Serbien und Österreich, zwischen Serbien und Europa seien ein "Gebot der Vernunft". Das Land stehe zwar vor großen Problemen wie Arbeitslosigkeit, Korruption und der "unübersichtlichen Situation in diesem Bereich des Balkans", so Fischer. Sturz Milosevic Der Generalsekretär des österreichischen Außenministeriums Albert Rohan betonte, dass es nach dem Sturz von Ex-Präsident Slobodan Milosevic eine "grundlegende Veränderung der Rahmenbedingungen" gebe. Serbien ("Der wichtigste Staat in dieser Region") habe aber nun viele große Probleme. Nun seien in den Beziehungen zwischen Serbien und Österreich Geduld und Vertrauen gefragt. Schon jetzt leiste Österreich Hilfe, vor allem im Bereich der Bildung und Erziehung, im Bereich der Umwelt und im Bereich der Menschenrechte und Demokratie. Multiethnischen Konflikte Neben Belgrad werde vor allem die nordserbische Provinz Vojvodina unterstützt, "damit keine multiethnischen Konflikte entstehen". Vojvodina als "reiche Region" wolle mehr Mitspracherecht. "Sie wird sich einer Zentralisierung widersetzen", so Rohan. Jugoslawien sei als UNO-Mitglied auch verpflichtet, mit demKriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag zusammen zu arbeiten. Man müsse aber auch die "psychologische Situation" verstehen. Deshalb habe man auch Verständnis, wenn Belgrad Milosevic zuerst vor einem heimischen Gericht einen Prozess "wegen trivialer Delikte" machen will. Danach müsse aber eine Auslieferung erfolgen Doch zeigte sich auch Rohan zuversichtlich: "Der europäische Integrationsprozess wird den Balkan stabilisieren". (APA)