Berlusconi-Kritiker können sich aussuchen, was sie mehr erregt: die Medienmacht des wahrscheinlich nächsten Premiers Italiens, die besser zu Nordkorea denn zu einer europäischen Demokratie passen würde, oder seine mangelnden Berührungsängste mit der extremen Rechten, die sich zuletzt in einem Wahlpakt mit der neofaschistischen MSI - Movimento Sociale Italiano-Fiamma Tricolore - auf Sizilien niederschlug.

Einer der politischen Partner Berlusconis bei den Parlamentswahlen am 13. Mai ist somit der alte Haudegen Pino Rauti, der mit seinen 74 Jahren seine Energie nicht zuletzt aus dem Stolz zieht, dass Italien Europa einst den Faschismus geschenkt hat. Als Vorsitzender einer Partei, die in ihrer jetzigen Form noch nie zwei Prozent erreicht hat, träumt er von der "geschichtlichen Kontinuität", die, versteht sich, nur in einem ausländerfreien Italien gewahrt werden kann. Rauti selbst ist eher bizarr als gefährlich, fast niemand in Italien nimmt den glühenden Haider-Fan ernst. Aber wenn er Berlusconi tatsächlich zur Eroberung Siziliens verhilft - die MSI hat ihre Kandidaten in allen bis auf einen Wahlkreis zurückgezogen -, dann ist das ein Fall, der die EU beschäftigen könnte (und sollte).

Pino Rauti ist in Kalabrien geboren, als 15-Jähriger zieht er aus, um Mussolinis Rumpfrepublik von Sal`o zu retten. Nach dem Krieg gehört er mit Giorgio Almirante zu den Gründern der MSI, deren zaghafte Normalisierung Rauti und andere Radikale, die sich im "Ordine Nuovo" versammelt haben, 1956 aus der Partei treibt. Mit "Nadelstreif- faschisten" will Rauti, der den proletarischen Touch des Faschismus stets geschätzt hat, nichts zu tun haben. Ein voriges Jahr in Italien veröffentlichter Bericht einer parlamentarischen Kommission insinuiert übrigens, dass der aufrechte Kommunistenfresser Rauti in jenen Jahren finanziell von der CIA unterstützt wurde.

1969 kehrt Rauti in die Arme der MSI zurück, er ist inzwischen derart ins rechte Abseits geraten, dass gegen ihn im Zusammenhang mit dem Attentat auf der Piazza Fontana in Mailand und anderen rechtsextremen Anschlägen ermittelt wird. Dabei kommt aber nichts heraus, die Karriere kann ungestört weiterlaufen, Abgeordneter, Vizeparteichef, Parteichef.

Aber die alten Reihen lichten sich, und als Gianfranco Fini 1995 die Partei als "Alleanza Nazionale" vom Neo- in den Postfaschismus führt, bricht für die Mussolini-Nostalgiker eine Welt zusammen. Ein Grüppchen um Pino Rauti bleibt als alte MSI zurück, das Recht auf den Namen erstreitet er sich vor Gericht. An der Seite ihres Vaters bleibt auch Tochter Isabella, die sich im Mai bei den gleichzeitig mit den Parlamentswahlen stattfindenden Kommunalwahlen um das Bürgermeisteramt von Rom bewirbt. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.5.2001)