Als Astronomin war Sophie Brahe eine Ausnahme ihrer Zeit. Denn an der Schwelle vom 16. zum 17. Jahrhundert war der Etablierungsprozess des mechanistisch-analytischen Weltverständnisses zwar zum Großteil abgeschlossen und die naturwissenschaftliche Forschung anerkannt, doch gerade für Frauen war es - gelinde gesagt - eine schwere Zeit. Das Lodern der Scheiterhaufen hatte mit Mitte des 16. Jahrhunderts seinen Höhepunkt erreicht. Und neben jenen von Folter- und Mordwahn besonders an gelehrten Frauen verblendeten kirchlichen Fanatikern, war die Kirche als Repräsentantin einer göttlich bestimmten Ordnung bestrebt, die Doktrin von der Frau als Dienende und Gebärende, deren Klugheit ein Übel sei, aufrechtzuerhalten. Auch die Reformation brachte den Frauen der Neuzeit keinen Fortschritt. Wandte sie sich zwar entschieden gegen den Herrschaftsanspruch der Kirche, in keinster Weise jedoch gegen das ihr immanente bürgerliche Frauenideal. Fixsternkatalog mit 1000 Gestirnstandorten Möglicherweise liegt die Schonung Sophie Brahes daran, dass sie gemeinsam mit ihrem Bruder Tycho forschte, der als Mann im Vordergrund stand. Denn Sophies Leistungen wurden nie eigenständig gewürdigt. Bekannt wurden die Geschwister Brahe mit der Berechnung der Mondfinsternis vom 8. 12. 1573. Obwohl sie diese Arbeit im Team gemacht hatten, erhielt Tycho zum Dank von Frederik II, König von Dänemark, die Insel Hveen im Sund als Lehen. Dort ließen sie ein Observatorium für ihre Forschungen errichten. Da ihr das Fernrohr noch unbekannt war, entwickelte Sophie Brahe astronomische Beobachtungsinstrumente, u.a. das Quadrant zur Messung der Durchgangshöhe der Sterne, mit denen sie mit einer bis dahin ungewohnten Präzision arbeiten konnte. Die regelmäßige Beobachtung der Stellung der Fixsterne und Planeten führte zur Erstellung eines Fixsternkatalogs mit 1000 Gestirnstandorten. Das kosmologische System Brahes Die Annahme Brahes, dass nur Sonne und Mond um die sich drehende Erde kreisen, die anderen Planeten jedoch um die Sonne, stand im Widerspruch zum damaligen ptolemäischen Weltbild der katholischen Kirche, in dem sich alle Gestirne um die feststehende Erde drehen und keine Veränderungen in der Fixsternsphäre stattfinden. Ihre Beobachtungen dienten Johannes Kepler als Grundlage seiner Forschungen, der aufgrund ihrer exakten Aufzeichnungen die Ellipsenbahnen der Planeten erkannte. Mathematik, Alchimie und Medizin Die aus einer dänischen Adelsfamilie stammende Sophie Brahe hatte sich ihre Kenntnisse in Astronomie und Mathematik sehr früh autodidaktisch angeeignet. Als sie 1576 heiratete und ein Kind bekam, forschte sie ohne Unterlass weiter. Das gleiche tat sie, als ihr Bruder starb, den sie immerhin um 42 Jahre überlebt hat. Nach dem Tod ihres Mannes übernahm sie die Verwaltung der Ländereien und studierte außerdem Alchimie und Medizin. Da heute nur mehr wenige Aufzeichnungen über ihre Forschungen existieren, lässt sich schwer beurteilen, wie groß ihr Anteil an der gemeinsamen Arbeit war. Aufgrund einer Beschreibung des Philosophen Gassendi in der Biografie Tychos sind jedoch ihre hervorragenden astronomischen und mathematischen Kenntnisse bezeugt. (dabu)