Schon binnen zwei Jahren soll es auf den Markt kommen.
London/Miami/Wien - Ob Typ-1-Diabetes ("juvenile Zuckerkrankheit") oder Typ-2-Diabetes ("Nicht-insulin-abhängige
Zuckerkrankheit"), die Zeichen deuten auf die zukünftige Verwendung von inhalierbarem Insulin statt der Injektionen: In der neuesten
Ausgabe der britischen Medizin-Fachzeitschrift "The Lancet" werden erstmals Langzeit-Ergebnisse bei juvenilen Diabetikern mit der neuen
Anwendungsform veröffentlicht. In Österreich - so die Wiener Spezialistin Heidemarie Abrahamian (Krankenhaus Lainz) - werden bereits 40
bis 50 Zuckerkranke auf diese Weise mit gutem Erfolg versorgt. Es handelt sich bei ihnen allerdings um Typ-2-Diabetiker.
"Unsere Studie zur Überprüfung der Machbarkeit einer solchen Therapie zeigt, dass das vor dem Essen notwendige Insulin bei
Typ-1-Diabetikern auch per Inhalation eingenommen werden kann. Das ist eine weniger belastende Alternative zu den konventionellen
Insulin-Injektionen vor der Nahrungsaufnahme", schreiben Dr. Jay S. Skyler und seine Kollegen von der Universitätsklinik von Miami
(US-Bundesstaat Florida) im "Lancet" (3. Februar).
Marktfähig
Schon binnen etwa zwei Jahren soll diese neue Anwendungsform des Insulins auf den Markt kommen. Dr. Heidemarie Abrahamian (3.
Medizinische Abteilung Krankenhaus Lainz): "Die Voraussetzung ist allerdings, dass es sich nicht um Raucher handelt. Raucher nehmen
nämlich aus unbekannten Gründen das inhalierbare Insulin stärker auf." Das kann eine zu intensive Wirkung verursachen.
In den USA wurden 73 Typ-1-Diabetiker in die Untersuchung aufgenommen. Statt der Insulin-Injektionen vor den Mahlzeiten verwendeten
sie den "Spray". Über Nacht allerdings müssen die "juvenilen Diabetiker", die überhaupt keine körpereigene Insulinproduktion mehr haben,
allerdings weiterhin ein Langzeit-Insulin injizieren. Das hält den Blutzuckerspiegel während der Schlafenszeit unter Kontrolle.
Das Hauptergebnis
Ob die Patienten nun das Stoffwechselhormon vor dem Essen injizierten oder inhalierten, die Langzeit-Blutzuckerwerte
unterschieden sich nicht. Bei Zuckerkranken kommt es - neben anderen Aspekten - auch besonders darauf an, Blutzuckerspitzen nach dem
Essen zu verhindern. Sie schädigen den Körper offenbar besonders.
Auch österreichische Experten sind seit einiger Zeit an vorderster Front bei der Erprobung der neuen Therapie dabei. Dr. Heidemarie
Abrahamian: "Wir haben eine Studie durchgeführt und haben die Patienten danach nicht mehr vom inhalierbaren Insulin umgestellt. In ganz
Österreich dürften derzeit zwischen 40 und 50 Patienten dieses Medikament verwenden."
Die Spezialistin stellte ehemals den ersten Zuckerkranken Europas auf das inhalierbare Insulin ein. Der Unterschied zu der US-Studie: In
Österreich wurde die neue Anwendungsform bei Typ-2-Diabetikern erprobt, die zumindest anfänglich noch eine körpereigene
Insulinproduktion aufweisen.
Dr. Heidemarie Abrahamian: "Bei Betroffenen, die zunächst nur unter erhöhten Blutzuckerspiegeln nach dem Essen leiden, kann das
inhalierbare Insulin die Injektionen ersetzen." Über Nacht reiche dann - so das möglich ist - das körpereigene Insulin aus.
Im späteren Stadium des Typ-2-Diabetes mit dem Zusammenbruch der Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse des Betroffenen - sie
"synthetisieren" das Hormon - kann dann für die Nacht auf ein injizierbares Langzeit-Präparat umgestiegen werden. Tagsüber bleiben die
Betroffenen beim Insulin zum Inhalieren. (APA)