Arbeitswelten
Die Unvereinbarkeit von Künstlerin- und Muttersein
Veronika Schwarzinger, Künstlerin und Kuratorin
Veronika Schwarzinger, Jahrgang 53, leitet die für die Präsentation
von ausgefallenen Schmuck berühmte V&V-Galerie in Wien.
Die ausgebildete Künstlerin ist Mutter eines Fünfjahrigen
und ist
auch als Kuratorin wie z.B für das Künstlerhaus tätig. Welche Aus-/Weiter-/Bildung haben Sie gebraucht um diesen Job ausführen zu
können?
Handwerkliche Begabung und gestalterisches Gespür
waren bei mir schon früh ausgeprägt.
z.B. habe ich schon mit vier gestrickt
Nach der Matura ging ich auf die Hochschule für angewandte Kunst.
Dort besuchte ich die Meisterklasse für Metallgestaltung
unter Hagenauer.
Während meiner Tätigkeit als freischaffende Künstlerin stellte
sich immer wieder das Problem der Vermarktung.
1982 habe ich dann zusammen mit Verena Formanek die V&V gegründet.
Beide haben wir Schmuck gestaltet und
Randgebiete ausgelotet. Später haben wir dann den Versuch
unternommen Ausstellungen zu machen die den
traditionellen Schmuckbegriff erweitern.
Seit 1989 habe ich, nach dem Weggangs Verenas,
die Galerie alleine geleitet.
Dazu musste ich einen Gewerbeschein für
Handel mit Kunst und Antiquitäten des 20. Jahrhunderts lösen.
Welche Aus-/Weiter-/Bildung würden Sie anraten, wenn eine Freundin Sie
danach fragen würde und sogleich damit beginnen wollte?
Ein Kunstgeschichte oder künstlerisches Fachstudium.
Auch das sich Aneignen von kaufmännischen Wissen,
unternehmerischen und wirtschaftlichen Grundkenntnissen sind
von Nutzen wie: Buchhaltung, Bilanzkenntnisse.
Die Fähigkeit zur Kontrolle z. B. von Lohnverrechnungen
sowie Basiswissen in Marketing und die Genauigkeit im Umgang mit Finanzen
sind ebenso wesentlich wie ein enormes Engagement und
die Einstellung auch mit geringem Verdienst zurecht zu kommen.
Was ist/war der angestrebte (eventuell auch der Traum-)Beruf?
Ich glaube nicht, dass ich die Vorstellung von einem Traumberuf hatte.
Den Beruf als Künstlerin habe ich sehr geschätzt.
Ich hatte die Vorstellung
von einem tollen Beruf bei dem
ich nebenbei auch Kinder haben könnte.
Ein Integrieren von Muttersein im Beruf schien mir möglich.
Die Realität sah anders aus.
Meine heutige Meinung ist, dass künstlerische Arbeit
und Kinder zu haben schwer unter einen Hut zu bringen sind.
Ausserdem führte die tägliche Beschäftigung mit Kunst bei mir dazu,
dass das Kunstausüben zum Muss wurde.
Auch hier stimmte meine Vorstellung - Kunst oder auch
Kunstvermarktung so nebenbei zu machen
nicht mit der Realität überein.
Wie schätzen Sie den Frauenanteil in Ihren Beruf ein? Und warum - glauben
Sie - ist das so?
Es sind sicherlich mehr Frauen als Männer in diesem Beruf.
Ich schätze es sind zwei Drittel Frauen.
Das Vermarkten von Kunst hat eine sehr mütterliche Komponente.
Ich nehme mich dabei etwas an, vertrete es und vermittle es.
Im Gegensatz dazu habe ich festgestellt, dass
Männer als Galeristen weniger die Stars verkraften.
Vielleicht mag es auch eine Frage der Kommunikationsfähigkeit sein.
Männer leben mehr den Egotripp aus.
Einfühlungsvermögen ist bei Frauen viel öfter zu finden.
Das richtige Mass zwischen hofieren,
bemuttern und Vertrauen erwecken, dass was Gutes passiert,
muss gefunden werden.
Wie wichtig ist die Emanzipation für Sie und ihr berufliches Dasein?
Selbstständig sein ist für mich emanzipiert sein.
Ich finde, dass sich die allgemeine Akzeptanz
gegenüber Frauen verbessert hat.
Der Mechanismus Frauen zu ignorieren
ist aber weiterhin vorhanden,
und das nicht nur bei Männern.
Auch in diesem Beruf sind die
Widerstände gegenüber Frauen groß.
Mehr Einsatz ist nötig, auch mehr Energie
wo Männer (z.B. in Kremien) alles als Selbstverständlich ansehen.
Danke für die Antworten.
Das Interview führte: Brigitta Bernart-Skarek