Wien - Alle fünf Parlamentsparteien fühlen sich durch die Zeugenbefragungen im U-Ausschuss zur Causa Innenministerium bestätigt. Die Befürworter SPÖ, Grüne, FPÖ und BZÖ sind kurz vor Ende des U-Ausschusses von dessen Sinnhaftigkeit weiterhin überzeugt und verweisen auf neue Erkenntnisse. Für die ÖVP, die das Gremium von Beginn an ablehnte, haben die Einvernahmen "wenig, außer Streit" gebracht. In der Volkspartei macht man die Zustimmung der SPÖ zur Einsetzung des Ausschusses mitverantwortlich für das Scheitern Großen Koalition.

Eine zufriedene Bilanz zieht Ausschussvorsitzender Peter Fichtenbauer. Bezüglich der Vorwürfe von Ex-Kripo-Chef Herwig Haidinger stehe zwar "Aussage gegen Aussage", bestimmte Missstände in der Verwaltung seien aber "offenkundig" geworden, resümiert er. Deutlichen Verbesserungsbedarf ortet Fichtenbauer z.B. bei der Einstufung und Definition der Kompetenz von Kabinettsmitgliedern. Die Zeugeneinvernahmen hätten eindeutig zu Tage gefördert, dass sich der Beamtenapparat teilweise parteipolitisch instrumentalisieren habe lassen. Zweite große Baustelle ist für den FPÖ-Abgeordneten das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA). So habe sich herausgestellt, dass diese "polizeiliche Spezialtruppe" außerhalb jeglichen Kontrollsystems agiert habe; sie müsse durch eine unabhängige Korruptionsbekämpfungsbehörde ersetzt werden.

Parnigoni steht weiter zur Einsetzung des Ausschusses

Ähnlich fällt das Resümee von SPÖ-Fraktionsführer Rudolf Parnigoni aus. Zwar habe man Haidingers Behauptungen weder beweisen noch entkräften können. Es habe sich aber herauskristallisiert, dass im Kabinett des Innenministeriums "kreuz und quer was angeschafft wurde". Ein genaue gesetzliche Regelung zum Weisungsrecht sei daher dringend notwendig. In Sachen BIA verweist Parnigoni darauf, dass die Behörde "ohne Rechtsgrundlage ermittelt hat". Auch wenn man nicht auf die "Smoking Gun" gestoßen ist, steht der SPÖ-Politiker nach wie vor zu der Einsetzung des Ausschusses. Für den großen Umfang des Beweisthemas - das Gremium musste sich die Bezeichnung "Kraut- und Rüben-Aussschuss" gefallen lassen - sei seine Partei schließlich nicht verantwortlich. Die zusätzlichen Untersuchungsgegenstände seien von den anderen Fraktionen hineinreklamiert worden, betont Parnigoni.

Pilz: Alle Haidinger-Vorwürfe bestätigt

Alle Haidinger-Vorwürfe bestätigt sieht hingegen der Grüne Fraktionsführer Peter Pilz. So könne man die Frage, ob die ÖVP die BAWAG-Ermittlungen missbraucht hat, um gezielt Wahlkampfmunition gegen die SPÖ zu beschaffen, nun mit einem einfachen "Ja" beantworten. Dass es Machtmissbrauch im Innen-, Justiz- und Finanzministerium gegeben habe, steht für Pilz nach den Zeugeneinvernahmen fest. "Wir haben überraschend viel weitergebracht", erklärt er. Als Beispiele nennt Pilz Mails unter Ex-Innenminister Ernst Strasser zu parteipolitischen Postenbesetzungen, zweifelhafte Jagd-Einladungen von Kabinetts-Mitarbeitern des Innenministeriums oder Enthüllungen rund um fragliche Details zur sexuellen Orientierung in Personalakten.

Für ÖVP wurde Koalition "zerrüttet"

Für die ÖVP bleibt von den Vorwürfen von Ex-Kripo-Chef Herwig Haidinger nach 20 U-Ausschuss-Sitzungen "nichts übrig". Stattdessen habe der Ausschuss wesentlich dazu beigetragen, das koalitionäre Klima "emotional zu zerrütten", beklagt VP-Fraktionsführer Helmut Kukacka. Aufgezeigte Missstände im ehemaligen Kabinett des Innenministeriums negiert Kukacka zwar nicht, dies sei aber sicher nicht typisch für das Innenministerium allein, betont er. Der ÖVP-Abgeordnete sieht daher ebenfalls gewissen Reformbedarf bei Weisungsrechten - diese sollten für alle Ministerien vereinheitlicht werden.

Bestätigt fühlt man sich in der ÖVP durch die von der Staatsanwaltschaft eingeleiteten Ermittlungen gegen Haidinger und andere Zeugen, die das Ministerium belastet haben. Für Kukacka sind damit die "Chefankläger" in der Causa "bloßgestellt". Die ÖVP bleibt außerdem bei ihrer Linie, wonach Vorwürfe zunächst strafrechtlich abzuhandeln seien und erst dann die politische Verantwortung in einem U-Ausschuss geklärt werden sollte. Auch der Wunsch nach einem unabhängigen Richter als Vorsitzenden eines solchen Gremiums ist aufrecht.

BZÖ: "Sittenbild der Zustände im Innenministerium"

Gemischt fällt das Fazit des BZÖ nach 20 Ausschuss-Sitzungen aus. Fraktionsführer Peter Westenthaler hätte noch gerne die Vorgänge rund um das BIA genauer untersucht. Zum entsprechenden Beweisthema ist man aber nicht mehr gekommen. Haidingers Glaubwürdigkeit hat für Westenthaler bei den Zeugenbefragungen eher gelitten. Es sei deutlich geworden, dass hinter dem Handeln des Ex-BKA-Chefs auch "Karrieregründe" gestanden seien, meint er. Zu Tage gefördert habe der Ausschuss jedenfalls ein "Sittenbild der Zustände im Innenministerium, wo alle führenden Stellen nicht miteinander konnten". Neben der Forderung nach einer kompletten Restrukturierung des BIA kündigte der BZÖ-Chef auch einen Vorstoß in Sachen U-Ausschuss an. In der kommenden Legislaturperiode wollen die Orangen einen Antrag auf Tagung von U-Ausschüssen über mehrere Gesetzgebungsperioden einbringen.

Geteilt sind die Meinungen der Parteien zu einer Wiederaufnahme des U-Ausschusses in der kommenden Legislaturperiode. Die Oppositionsparteien sind dafür, plädieren allerdings für leichte Änderungen des Untersuchungsgegenstands. SPÖ-Fraktionsführer Rudolf Parnigoni gibt sich vorsichtiger, schließt die Zustimmung seiner Partei aber zumindest nicht aus. Kukacka lehnt die Einsetzung des Gremiums weiter ab. Für den Fall, dass sich seine Partei wieder in der Regierung befindet, gibt er möglichen zukünftigen Partnern gleich den Tipp, "den Fehler der SPÖ nicht zu wiederholen" und nicht "Zwietracht zu sähen". ´

Ende des Ausschusses

Für die laufende Periode dürfte das Ende des Ausschusses diese Woche jedenfalls fix sein. Die Grünen haben zwar bereits angekündigt, bei der Sitzung am Donnerstag einen Antrag auf weitere Zeugenladungen im September vor der Nationalratswahl einzubringen. Ob sie damit durchkommen, hängt letztlich von der SPÖ ab. Die Sozialdemokraten sind von zusätzlichen Sitzungen wenig begeistert. Sie verweisen auf das zu erwartende "Wahlkampfspektakel". (APA)