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Belgiens Ministerpräsident Yves Leterme bot dem König den Rücktritt an.

Foto: Reuters
Sein Name wird gerne verunstaltet, seine Tage als Regierungschef sind gezählt, und er lässt kaum ein Fettnäpfchen aus. "Le Terme" - das Ende, titelte die Brüsseler Tageszeitung Le Soir, nachdem der belgische Regierungschef Yves Leterme in der Nacht zum Dienstag König Albert II. seinen Rücktritt anbot.

"Le Terne", der Glanzlose, so titelten belgische Zeitungen vor vier Monaten, als der Flame zum Premier einer Regierungskoalition aus fünf Parteien ernannt wurde. Und das trifft auch genau sein Image, ebenso wie seinen Arbeitsstil. Aufsehen erregte er hauptsächlich mit seinen "Ausrutschern". So meinte er locker: "Anscheinend sind die Französischsprechenden intellektuell nicht imstande, Niederländisch zu lernen", und löste damit fast im Alleingang eine Staatskrise aus. Und vor einem Jahr gab es am Nationalfeiertag einen Sturm der Entrüstung, als er anstelle der belgischen die französische Nationalhymne sang. Seine anschließende Rechtfertigung, er kenne den flämischen Text der belgischen Hymne, nicht aber den französischen, machte die Sache nur noch schlimmer. Und als er sich dann noch weigerte, sich auch auf Französisch zu entschuldigen, war der Skandal perfekt.

Nicht nur seine politischen Gegner sind seither überzeugt, dass Leterme doch ein wenig das Fingerspitzengefühl fehlt, das ein belgischer Ministerpräsident dringend benötigt, um die latenten Spannungen zwischen Flamen und Wallonen auszugleichen.

Dabei hat Leterme die besten Voraussetzungen dafür: Sein Vater stammt aus der französischsprachigen Wallonie, seine Mutter aus Flandern. Am 6. Oktober 1960 im flämischen Wervik geboren, studierte Leterme Jus in Löwen und Politologie in Gent sowie internationales Recht und Management in Nizza.

Seine Karriere begann er im belgischen Rechnungshof. Er spricht gerne über Zahlen und Normen und strahlt die Art von Biederkeit aus, die in Flandern sehr gut ankommt. Der Schriftsteller Geert van Istendael charakterisiert ihn als einen "Mann ohne Charisma", als einen, der Politik mit "mathematischer Sachlichkeit" betreibt. Nach Jahren in der EU-Kommission als leitender Beamter und später im EU-Parlament wurde er 2003 Vorsitzender der flämischen Christdemokraten.

Leterme ist verheiratet und dreifacher Vater. Sein einziges Hobby, für das er jetzt wieder mehr Zeit haben sollte, sind Radrennen. Pro Jahr sitzt er nach eigenen Schätzungen "einige tausend Kilometer" im Sattel. (Michael Moravec/DER STANDARD, Printausgabe, 16.7.2008)