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Ein Meter politische Distanz: Israels Premier Olmert (li.) umarmte in Paris den ägyptischen Präsidenten Mubarak, vermied aber jeden Kontakt mit Syriens Staatschef Assad. Der tat es ihm gleich.

Foto: Reuters/Kessler
Geschwellte Brüste allenthalben: 4000 Soldaten marschierten am Montag über die Champs-Élysées, vorbei an Präsident Nicolas Sarkozy und Dutzenden von Staats- und Regierungschefs, die am Vorabend in Paris die Mittelmeerunion aus der Taufe gehoben hatten. Erstmals nahmen an dem Defilee auch 145 Blauhelme von UNO-Truppen teil; UN-Generalsekretär Ban Ki Moon war Ehrengast. Als weitere Premiere donnerten Flugzeuge und Hubschrauber diverser europäischer Länder über die Zehntausenden von Zuschauern.

Nach der farbenfrohen Parade, an der traditionellerweise einzig die bärtigen Fremdenlegionäre ihren eigenen Marschschritt bestimmen durften, lud Sarkozy seine illustren Staatsgäste zur obligaten Garden-Party ins Élysée ein. Flankiert von seiner Gattin Carla Bruni, machte er die franko-kolumbianische Politikerin Ingrid Betancourt zum Ritter der Ehrenlegion. Betancourt war sechs Jahre in den Händen der Farc-Rebellen in Kolumbien.

Am gemeinsamen Mittagessen nahmen neben Angela Merkel, José Luis Zapatero oder Silvio Berlusconi auch Kanzler Alfred Gusenbauer teil. Der tunesische Präsident Zine Ben Ali und sein algerischer Amtskollege Abdelaziz Bouteflika waren hingegen nach der Gründung der Mittelmeerunion gleich nach Hause geflogen. Die Maghrebstaaten kamen sich offenbar ein wenig als Staffage für Sarkozy große Mittelmeer-Show vor.

Umstrittener Gast

Umso bereitwilliger reihte sich Syriens Staatspräsident Bashar al-Assad auf der Ehrentribüne ein, um seine internationale Isolierung zu beenden. Zum israelischen Premierminister Ehud Olmert wahrte er Distanz. Mit dunkler Sonnenbrille folgte er dem Vortrag des französischen Schauspielers Kad Merad, der an die Menschenrechtserklärung der Französischen Revolution vom 14. Juli 1789 erinnerte.

Die Szene entbehrte nicht einer gewissen Ironie. Denn am Rande der Champs-Elysées verhaftete die Polizei ein Dutzend Mitglieder von Reporter ohne Grenzen. Deren Präsident Robert Ménard erklärte: "Auf der Tribüne wird einer der schlimmsten Diktatoren des Nahen Ostens gefeiert, als wäre er ein Demokrat." Am Wochenende waren bereits französische Armeeveteranen an einer kleinen Protestdemonstration in Paris gehindert worden. Sie sind empört, dass Assad die Parade französischer Truppen abnehmen konnte, obwohl der syrische Geheimdienst verdächtigt wird, hinter dem blutigen Terroranschag von 1983 auf ein französisches UN-Kontingent in Beirut zu stecken. 58 Franzosen kamen uns Leben.

Chiracs Boykott Der Nahostexperte Antoine Basbous wirft Sarkozy ebenfalls vor, die Einladung an Assad sei eine "völlige Leugnung der Werte Frankreichs". Der frühere französische Präsident Jacques Chirac boykottierte die Truppenparade aus diesem Grund. Das "Murren in der Armee", das diverse Pariser Medien breit wiedergaben, liegt aber nicht nur in der Präsenz Assads begründet. Bei Sarkozys Fahrt über die Prachtstraße waren auch Pfiffe zu hören. Sarkozy ist wegen seiner Reformpolitik unpopulär und hat sich mit der Streichung von rund 50.000 Stellen in der Armee Kritik eingehandelt hat. (Stefan Brändle aus Paris/ DER STANDARD Printausgabe, 15.7.2008)