Berlin - Erstmals seit vier Jahren ist die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal wieder geschrumpft. Ein Rückgang beim Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vorquartal sei "so gut wie sicher", sagte der Chefökonom des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, der "Bild"-Zeitung vom Montag. Als Gründe nannte Treier unter anderem weniger Aufträge für die Bauwirtschaft und die Industrie. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) betonte, ein Rückgang sei angesichts des starken ersten Quartals "nur natürlich". Die Unternehmen hierzulande seien immer noch ausgelastet, sagte ein Sprecher.

Die deutsche Wirtschaft hatte zuletzt im dritten Quartal 2004 ein Minuswachstum aufgewiesen. Damals war das Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vorquartal um 0,2 Prozent gesunken. Nach Einschätzung von DIHK-Chefökonom Treier dürfte das Minus von April bis Juni bei "bis zu 0,5 Prozent" liegen. Auf den Rückgang deuteten zahlreiche Indikatoren hin.

Hohes Niveau

BDI-Sprecher Thomas Hüne sagte, das Wetter im ersten Quartal sei sehr mild gewesen und der Bau daher "auch sehr stark". Die Auftragsentwicklung in der Industrie sei zwar in der Tat vom ersten zum zweiten Quartal zurückgegangen, "aber auf hohem Niveau".

Nach Angaben des EU-Statistikamts Eurostat schwächte sich die Konjunktur in der Industrie in Deutschland im Frühjahr stärker ab als in den meisten anderen EU-Staaten. Die Industrieproduktion lag im Mai um 2,6 Prozent niedriger als im April, wie Eurostat am Montag mitteilte. EU-weit ging die Produktion auf Monatsabstand nur um 1,9 Prozent zurück. Im Vergleich zum Vorjahr entwickelte sich die deutsche Industrie dagegen besser als in den meisten anderen Ländern: Während die EU-weite Produktion im Mai um 0,5 Prozent niedriger lag als im gleichen Monat des Vorjahres, meldete Eurostat für Deutschland ein Jahresplus von 0,9 Prozent.

Die Prognosen für das Gesamtjahr sind wegen des guten Starts der deutschen Wirtschaft ins neue Jahr weiterhin gut. Die Experten rechnen mit einem Wachstum von 2,3 bis 2,5 Prozent. Auch DIHK-Ökonom Treier sagte der "Bild": "Die Konjunktur bleibt robust, es besteht kein Grund zur Sorge." (APA/AFP)