Wien – Der große Ansturm der roten Gewerkschaftschefs auf das Parlament bleibt aus. Im nächsten Nationalrat wird mit Wolfgang Katzian von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) voraussichtlich nur ein Vorsitzender einer Teilgewerkschaft sitzen.

 

Die anderen Gewerkschaftschefs werden vom Angebot von SPÖ-Spitzenkandidat Werner Faymann, die roten Kandidatenlisten wieder für Spitzengewerkschafter zu öffnen, nicht Gebrauch machen, hieß es am Montag.

Bei einer Präsidiumssitzung der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) wurde erwartungsgemäß FSG-Chef Wilhelm Haberzettl an die erste Stelle des FSG-Vorschlages gereiht. Auf dem zweiten Platz folgt ÖGB-Frauenvorsitzende Renate Csörgits. Nach derzeitigem Stand werden nur diese zwei ein fixes Mandat auf der SPÖ-Bundeswahlliste haben.

Motivation steigt

Katzian, der an dritter Stelle auf der FSG-Liste steht, dürfte aber auf der Liste der Wiener-SPÖ ein abgesichertes Mandat bekommen. Offiziell festgelegt wurde die Wiener Liste allerdings noch nicht. Katzian war vor der letzten Nationalratswahl 2006 auch der einzige Spitzengewerkschafter, der vom Gewerkschaftsbann der SPÖ betroffen war. Nach dem Auffliegen des Bawag-Skandals haben sich SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer und ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer darauf verständigt, auf die Kandidatur der Gewerkschaftsvorsitzenden zu verzichten.

Den Unmut der Gewerkschafter zog sich Gusenbauer dann zu, weil er den Kompromiss nicht als solchen verkaufte, sondern sich offen gegen das Antreten der roten Gewerkschaftsspitzen aussprach. Diese Vorgangsweise sei "nicht in Ordnung" gewesen, sagte FSG-Chef Haberzettl am Montag dazu. Die Ankündigung Faymanns, die Listen wieder zu öffnen, bezeichnete er als wichtigen Beitrag zur Motivation der Funktionäre. Das Klima werde nun wieder offener, meinte Haberzettl.

Auch ÖGB-Präsident Hundstorfer zeigte sich zuversichtlich, was das Verhältnis von Gewerkschaft zur SPÖ-Spitze betrifft: "In den letzten Monaten hat sich sehr viel entwickelt." Er selbst wird aber wie 2006 nicht für den Nationalrat kandidieren.

Keine Ambitionen bei Foglar

Auch von anderen Teilgewerkschaftschefs wird kein Antreten erwartet. Der Chef der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, Christian Meidlinger, findet sich zwar auf der FSG-Liste, nicht aber an wählbarer Stelle. Im Gespräch mit dem Standard kündigte er an, auch nicht auf der Wiener Liste an wählbarer Stelle zu kandidieren. Der dritte Gewerkschaftschef auf der FSG-Liste ist Metaller-Vorsitzender Erich Foglar, dem aber ebenfalls keine Ambitionen auf ein Mandat nachgesagt werden.

Beim Liberalen Forum (LiF) soll heute, Dienstag, eine Entscheidung fallen. Größtes Fragezeichen ist, ob LiF-Gründerin Heide Schmidt noch einmal in den Ring steigt. (go, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 15.7.2008)