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Beim Continental könnte bald die Österreicherin Maria-Elisabeth Schaeffler das Sagen haben. Laut "Forbes" steht sie auf Platz 104 der weltweiten Reichen-Liste.

Foto: AP/Thomas Kienzle

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Sie ist schön, sie ist klug - und unglaublich reich", charakterisiert die deutsche "Abendzeitung" die gebürtige Österreicherin Maria-Elisabeth Schaeffler (66). 4,75 Mrd. Euro nennt Schaeffler nach Schätzung des "manager magazins" ihr Eigen. Elisabeth Schaeffler sitzt seit April auch im Aufsichtsrat der ÖIAG. Mit 21 Jahren lernte die Wienerin, deren Urgroßvater den Autokonzern Skoda mitbegründet hatte und deren Vater Generaldirektor der Ersten Allgemeinen Versicherung war, den 48-jährigen Industriellen Georg Schaeffler kennen. Der hatte 1949 den Nadelkranz erfunden, dessen Durchbruch in der Automobilindustrie zur Erfolgsgeschichte des Wälzlagerherstellers INA führte. Seit seinem Tod 1996 führt die Unternehmerwitwe das größte deutsche Industrieunternehmen in Familienbesitz.

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In Deutschland könnte der drittgrößte Autozulieferer der Welt entstehen. Die von der Österreicherin Maria-Elisabeth Schaeffler geführte deutsche Schaeffler-Gruppe hat Appetit auf den Reifenhersteller Continental.

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Berlin - Im fränkischen Herzogenaurach, wo auch die weltweit agierenden Sportartikelhersteller Adidas und Puma sitzen, gab man sich am Montag bedeckt. "Es hat ein kurzes Gespräch gegeben, und es wird möglicherweise noch weitere Gespräche geben", sagte Detlef Sieverdingbeck, Sprecher der dort ansässigen Schaeffler-Gruppe. Auch in Hannover, dem Sitz von Continental ("Conti"), wollte man offiziell nicht so recht mit der Sprache herausrücken und bestätigte nur eine erste Kontaktaufnahme.

Doch was sich derzeit hinter verschlossenen Türen abspielt, könnte demnächst zum weltweit drittgrößten Automobilzulieferer führen. Deutsche Medien berichten, dass das fränkische Familienunternehmen Schaeffler den doppelt so großen Zulieferer und Reifenhersteller Continental für zehn Milliarden Euro übernehmen will.

Im Gegensatz zu Adidas und Puma ist die verschwiegene Schaeffler-Gruppe kein Unternehmen, das fast jeder Deutsche kennt. In Branchenkreisen jedoch wird der Aufstieg der Gruppe seit Jahren mit höchstem Interesse verfolgt. Gegründet haben das Unternehmen die Brüder Georg und Wilhelm Schaeffler. Sie produzierten zunächst Leiterwagen und andere Produkte aus Holz. Als Georg Schaeffler 1949 einen Nadelkäfig für Nadellager erfand, war der Grundstein für die heutigen Geschäftsfelder gelegt: Aktuell stellen 66.000 Mitarbeiter an 180 Standorten weltweit Wälz- und Gleitlager sowie Motorenelemente für Autoindustrie, Maschinenbau, Luft- und Raumfahrt her. So stammen etwa die Lager am Greifarm der Mars-Sonde "Phönix" von Schaeffler. In Österreich hat Schaeffler seinen Sitz im niederösterreichischen Berndorf-St.Veit.

Seit 1996 sind Georg Schaefflers Witwe Maria-Elisabeth Schaeffler und Sohn Georg F. W. Schaeffler Gesellschafter des Unternehmens. Die Österreicherin hat schon einmal mit einem im Stillen vorbereiteten Coup überrascht: 2001 wurde der Schweinfurter Mitbewerber FAG Kugelfischer gegen den Willen der dortigen Unternehmensführung übernommen und von der Börse genommen. Es war das erste Mal, dass einem privat geführten Unternehmen in Deutschland eine feindliche Übernahme gelang.

David gegen geschwächten Goliath

Auch jetzt, heißt es, sei Schaeffler wieder für eine feindliche Übernahme bereit, zumal der Zeitpunkt für den Griff nach Continental günstig scheint. Das Unternehmen mit Sitz in Hannover hat in den vergangenen Monaten rund die Hälfte seines Börsenwerts verloren und hinkt sogar noch deutlich dem Deutschen Aktien Index (DAX) hinterher. Sollte Schaeffler zuschlagen, dann wäre dies der größte Unternehmenskauf in diesem Jahr in Europa. Und es wäre einer, bei dem David Goliath frisst. Denn während Schaeffler einen Jahresumsatz von 8,9 Milliarden hat, kommt Continental mit 155.000 Mitarbeitern auf 26,4 Milliarden Euro. Die Continental-Aktie legte am Montag auf jeden Fall schon mal um ein Viertel auf 67 Euro zu.

Mit Widerstand gegen die Übernahme droht bereits jetzt die IG Metall: "Wir werden mit allen Mitteln verhindern, dass ein völlig intransparentes Unternehmen möglicherweise die Continental AG übernimmt und zerschlägt", sagt der niedersächsische Bezirksleiter der Gewerkschaft und Continental-Aufsichtsrat Hartmut Meine. Der bayerische IG-Metall-Vorsitzende Werner Neugebauer warnt: "Beim Essen kann man sich auch verschlucken."

Am Dienstagmorgen stieg die Conti-Aktie an der Börse um sieben Prozent auf rund 70 Euro. Am Montag war die Conti-Aktie um fast 22 Prozent auf 65,40 Euro gestiegen. (APA, Birgit Baumann, Berlin, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.7.2008)