Mailand – Mit der Übernahme des italienischen Motorradbauer MV Agusta Group will die US-Firma Harley-Davidson in Europa vorpreschen. 70 Millionen Euro inklusive der Bankschulden zahlt der US-Konzern für das Unternehmen aus Varese in Norditalien. Die zuständigen Behörden müssen den am Wochenende unterzeichneten Kaufvertrag noch absegnen.

MV Agusta verkaufte im Vorjahr weltweit 5820 Motorräder mit den Marken Agusta und Cagiva. Bereits im vergangenen Jahr verzeichnete das Unternehmen bei einem Umsatz von 141,7 Mio. Euro einen Verlust von 34,4 Mio. Euro. Die Finanzlage hat sich heuer derart verschlechtert, dass die Produktion zurückgefahren werden musste.

"Beide Unternehmen haben etwas gemeinsam: die Leidenschaft zum Motorrad und die Ergebenheit ihrer Kunden", sagte Jim Ziemer, CEO von Harley Davidson.

Harley Davidson will durch die Übernahme von Agusta vor allem die Präsenz in Europa festigen. Bislang macht der Export des US-Konzerns erst 30 Prozent aus. Nun sollen in Europa zweistellige Zuwachsraten und so ein Exportanteil von 50 Prozent bis 2011 erreicht werden. Wie ein Sprecher des US-Konzerns bestätigte, sollen die leichten Cagiva-Modelle und der leistungsstarken Sportmaschinen Agusta weiterhin in Varese gebaut werden. Dort verbleibe auch der Firmensitz.

In Italien werden europaweit die meisten Motorräder gebaut, allerdings musste die Industrie konsolidiert werden. Erst vor einem Jahr hat die BMW-Gruppe Husqvarna erworben. Die Motorradschmiede Ducati war von 1999 bis 2005 in US-Händen (Texas Pacific Group), seit zwei Jahren gehört sie der italienischen Holding Investindustrial. Marktführer Piaggio (Vespa, Aprilia, Moto Guzzi) hat im Vorjahr einen Rekordverkauf von 708.000 Stück und einen Umsatz von 1,69 Mrd. Euro verzeichnet.

Harley-Davidson wollte vor zehn Jahren auch einmal mit KTM kooperieren, der Deal scheiterte jedoch daran, dass die Österreicher um ihre Unabhängigkeit fürchteten. (tkb, szem, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.7.2008)