Das Medienhaus Wien hat in einem eineinhalbjährigen Projekt ein typographisches Profil entwickelt, das sowohl am Computer als auch in Printprodukten ideal lesbar sein soll. "Convey ", so der Name der neuen Schrift, ziele in erster Linie auf den konvergenten, multimedialen Medienkonsum junger Nutzer ab, erklärte Medienhaus-Geschäftsführerin Daniela Kraus im Gespräch mit der APA. Sie kritisierte, dass sich Medienmacher mit den Qualitäts-Bedürfnissen junger User, die mit Internet und Computer aufgewachsen sind, zu wenig systematisch auseinandersetzen würden.

"Digital Immigrants"

Die sogenannten "Digital Natives" zeichnen sich laut Kraus durch eine autonomere und breiter gestreute Nutzung von Angeboten aus. Sie greifen eher als die "Digital Immigrants" auf mehrere alternative Nachrichtenquellen zurück, mit dem Resultat, dass traditionelle Medien vor allem junge Rezipienten verlieren.

"Medienhäuser reagieren darauf hauptsächlich mit inhaltlichen Überlegungen", so Kraus. Gestalterische Strategien, die zur besseren Usability beitragen - etwa Änderungen bei Format, Optik oder Lesbarkeit - seien zwar durchaus ein Thema bei den Blattmachern, würden aber als Qualitätskriterium weniger systematisch wahrgenommen und weiterentwickelt.

Tauglich

Für die Medienauswahl der Leser dürfte die "Gebrauchstauglichkeit" jedoch eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Die Befragungen im Rahmen der "Convey"-Entwicklung hätten gezeigt, dass bei der Entscheidung für ein Medienprodukt ein großer Pragmatismus an den Tag gelegt werde: Übersichtlichkeit, täglich gleiche Blattstrukturen, schnelle Zugriffsmöglichkeit auf die Infos, handliche Formate und ruhiges Layout wurde bei den Untersuchungen als "Top-Kriterien" genannt. "Zu viel Bewegung lehnten die Befragten hingegen auch im Internet ab", sagte Kraus.

Bei dem "Convey"-Projekt habe man aufbauend auf Zielgruppenbefragungen versucht, ein typographisches Profil zu erstellen, das dem multimedialen Leseverhalten an der Schnittstelle zwischen analog und digital Rechnung trägt. Erreicht wurde das über den zurückhaltenden Einsatz von Serifen (Füßchen an den Buchstabenenden).

Serifenlose Schriften gelten am Monitor als besser lesbar, weil die klare Buchstabenform der Darstellung durch Pixel entgegenkommt. Bei gedruckten Texten hingegen, werden die Serifen als eine Hilfe für das Auge bei der Zeilenführung empfunden. Ziel war es, eine Schrift zu kreieren, "die auf den ersten Blick serifenlos aussieht, aber auf den zweiten Blick die Qualitäten einer Serifenschrift aufweist", erklärte die verantwortliche Typografin Gabriele Lenz ihre Schöpfung.

Als Einsatzgebiete sieht man im Medienhaus Wien vor allem Printprodukte, die mit Online-Tools verschränkt sind. Dazu zählen beispielsweise Supplements von Zeitungen oder Schulbücher, die Internet-Aktualisierungen oder Online-Arbeitsaufgaben anbieten. Die Resonanz und das Interesse der Grafikverantwortlichen und Chefredakteure, mit denen man derzeit in Sachen "Convey" in Kontakt steht, seien jedenfalls positiv, so Kraus.

Vorerst werde "Convey" (engl. "vermitteln", "mitteilen") exklusiv als Teil des Medienhaus-Beratungskonzepts angeboten. Später sei auch eine breitere Streuung über Schriftenshops oder durch die Integration in Softwareprogramme denkbar. Das Projekt wurde von der Wiener Kreativförderagentur "Departure" mit 60.000 Euro unterstützt, 40.000 Euro brachte das Medienhaus aus Eigenmitteln auf. (APA)