Brüssel - Die EU-Kommission will mit ihrem Vorschlag für eine Änderung des EU-Gesetzes über Mauten, der Wegekostenrichtlinie, erstmals Maut-Aufschläge für Umwelt- und Gesundheitskosten des Schwerverkehrs erlauben. Das ist ein Fortschritt gegenüber der aktuellen Rechtslage, die nur die Berücksichtigung der Infrastrukturkosten für Straße, Brücken etc. erlaubt. Der von österreichischer Seite wiederholt gefordert "Lenkungseffekt", also die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene, wird damit aber nicht erreicht und ist auch von der EU-Kommission nicht beabsichtigt, wie sie selbst betont.

Im Folgenden einige Details zu dem von Verkehrskommissar Antonio Tajani vorgelegten Vorschlag und den neuen Umwelt- bzw. Alpenaufschlägen. Die Berechnung der Aufschläge soll eine unabhängige nationale Stelle durchführen. Die Kommission muss diese genehmigen. Alle Aufschläge sind freiwillig, müssen von den EU-Staaten also nicht eingeführt werden.

Ziel: Die Wegekostenrichtlinie soll nicht das Klima schützen oder Verkehrsströme lenken, sondern eine gemeinsame Rechengrundlage schaffen. Damit soll verhindert werden, dass ausländische Frächter bei der Lkw-Maut gegenüber inländischen diskriminiert werden bzw. EU-Staaten unverhältnismäßige Hürden aufrichten, die den freien Personen- oder Warenverkehr behindern. Rund drei Viertel des Gütertransports in der EU entfallen derzeit - bei stark steigender Tendenz - auf die Straße. Nach Ansicht der EU-Kommission lässt sich dieser Trend nicht umkehren. Stattdessen sollten Wege gefunden werden, den Straßenverkehr "grüner" und effizienter zu machen.

Abgase Der Straßenverkehr ist laut EU-Kommission für 75 Prozent der gesundheitsgefährdenden Stickoxide in der EU verantwortlich, rund ein Viertel kommt vom Schwerverkehr. Daher sollen auf die normale Maut künftig - je nach Lkw-Euro-Klasse und abhängig von der benützten Straße - 2 bis 16 Cent pro Kilometer für verkehrsbedingte Abgase - ohne CO2 - aufgeschlagen werden.

Lärm: Anrainer von Stadtautobahnen leiden besonders am Verkehrslärm, vor allem in der Nacht. Dementsprechend können die maximalen Aufschläge in der Nacht fast doppelt so hoch sein, wie am Tag. Die Obergrenzen variieren zwischen 2 und 1,1 Cent in urbanen Gebieten und 0,23 bzw. 0,13 Cent auf Überland-Autobahnen.

Stau: Staus kosten die EU jährlich rund 1,1 Prozent der Wirtschaftsleistung, schuld daran sind nicht zuletzt Lkw. Mit Aufschlägen in Stoßzeiten von bis zu 65 Cent pro Kilometer will die EU-Kommission die Frächter zu anderer Routenplanung bewegen. Außerhalb der Stoßzeiten sollen die Mehrkosten hingegen maximal 20 Cent betragen. Auf Überland-Autobahnen sind Stauaufschläge zwischen 2 und 7 Cent vorgesehen.

Alpenfaktor: In Bergtälern herrschen laut Experten völlig andere Bedingungen als in offenen Landschaften: Wegen der Kessellage pflanzt sich der Schall anders fort, durch häufige Inversionswetterlage bleiben Schadstoffe deutlich länger in der Luft, wegen des Anstiegs der Straßen verändert sich das Lkw-Fahrverhalten. Darauf soll laut Entwurf bei der Berechnung der Aufschläge Rücksicht genommen werden: Unter entsprechenden Bedingungen darf der Abgas-Zuschlag verdoppelt werden. Der Lärmaufschlag dürfte sogar verfünffacht werden, was bei Tag 0,65 Cent, in der Nacht 1,1 Cent bringen würde. Laut Modellrechnungen von Experten wird der Alpenfaktor eine Verteuerung der Maut auf etlichen Autobahnen vor allem in Westösterreich um 27 bis 28 Prozent möglich machen.

Brenner: Der Brenner ist ein Sonderfall, weil auf dieser Strecke schon jetzt ein Aufschlag von 25 Prozent verrechnet wird. Dieser dient zur Finanzierung des Baus einer Alternative zur Pass-Straße, konkret des Brennerbasistunnels für die Bahn. Laut Vorschlag der Kommission können auf der Strecke zwar künftig auch externe Kosten verrechnet werden, aufgeschlagen werden darf allerdings nur die Differenz zu den jetzt bestehenden 25 Prozent. Die Einnahmen bleiben bis zur Fertigstellung des Tunnels an das Projekt gebunden.