Wien - ÖVP-Klubobmann Wolfgang Schüssel hat die SPÖ und
ihren EU-Schwenk klar für das Scheitern der Koalition verantwortlich
gemacht. Er habe "keine Freude daran", dass das Projekt der Großen
Koalition, die er gewollt habe, gescheitert sei, erklärte der
ehemalige Bundeskanzler bei seiner Rede vor dem Nationalrat. Mit dem
neuen EU-Kurs hätten die Sozialdemokraten aber nicht nur Verrat am
Regierungsprogramm sondern auch "an der eigenen Seele" begangen. Den
Vertrag von Lissabon habe die Regierung aus Überzeugung akzeptiert,
da er Europa besser und demokratischer aufstelle, betonte Schüssel.
Aufruf zur "Selbsteinkehr"
Der VP-Klubobmann rief die Sozialdemokraten zur "Selbsteinkehr"
auf. Schließlich habe die SPÖ mit dem internen Streit über das
Regierungsprogramm, über den Parteiobmann, mit der ÖVP "und jetzt
sogar mit der EU" den Sturz des Bundeskanzlers herbeigeführt, sagte
er. "Sie haben nach 18 Monaten ihren Obmann gekillt", so Schüssel zum
Noch-Regierungspartner. Mit dem EU-Schwenk habe die SPÖ eine zentrale
Idee der Regierung verraten. Man müsse aus Überzeugung handeln und
nicht "praktisch alle Überzeugungen über Bord werfen", nur weil es
der Boulevard so wolle oder es eine Stimmungsänderung gebe, meinte
er.
Die Bilanz der zu Ende gehenden Legislaturperiode ist für Schüssel
indes "nicht schlecht". Er verwies auf die "ausgezeichnete
Wirtschaftsleistung" Österreichs mit einem Exportvolumen von
insgesamt 170 Milliarden Euro. Auch für die Familien sei man einen
großen Schritt nach vorne gekommen, so Schüssel. Als Beispiele nannte
er das flexible Kindergeld und die Gebührenbefreiung für Geburten.
Als weitere Errungenschaften führte Schüssel unter anderem die
Teuerungsbekämpfung oder das Selbstständigen-Modell bei der Pflege
sowie die Entlastung von Niedrigeinkommen an.
(APA)