Sonst mediale Exekution. Als Zweite traf es EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner, die am Wochenende zu der unpräzisen, aber wohl gezielten Äußerung ausgeholt hat: "Ich schäme mich für Österreich." Und wenn Schämen für Österreich angesagt ist, wittert Hans Dichand mit seinem berühmt untrüglichen Gespür, dass sich da nicht für Österreichs schöne Berge, für W. A. Mozart oder die gleichnamigen Kugeln geschämt werden soll, sondern für etwas, das irgendwie mit ihm zu tun hat. Und da kennt er keinen Pardon. Ferrero-Waldner: Rücktritt fällig! lautete die Schlagzeile der "Krone" am Montag.
Eine derartige Distanzierung eines EU-Kommissars von der öffentlichen Meinung des Heimatstaates ist dennoch gelinde gesagt ungewöhnlich, hieß es als Begründung, wobei man die Formulierung gelinde gesagt ungewöhnlich als euphemistische Umschreibung für den bodenlosen Skandal werten muss, dass eine kleine EU-Kommissarin es wagt, sich von der öffentlichen Meinung des Heimatstaates zu distanzieren, für die sich die "Kronen Zeitung" zuletzt von der Regierungspartei SPÖ das Copyright sichern ließ.
Und daran zu kratzen, ist ein Delikt, das unbarmherzige Ahndung nach sich zieht. Statt bei Überzeugungsarbeit in Österreich ist aber Frau Ferrero-Waldner in der Regel in der Hochdiplomatie zu sichten, wo sie auf internationalen "Geber-Konferenzen" das Geld der EU-Nettozahler, also der Österreicher, verschenkt.
Pfui Teufel, wird es ab sofort den wackeren Leserbriefschreiber des Blattes angesichts der skandalösen Äußerung unserer EU-Kommissarin vor Ekel schütteln, fällt ihm demnächst doch ganz von selbst ein, was er lesen muss: Auch von Anstrengungen gegen den bürokratischen Sadismus der Eurokraten in Brüssel ist wenig zu spüren. Und wäre es nur das. Leider hat Benita Ferrero-Waldner in Brüssel Aufgaben in Österreich ebenso vergessen wie den Visa-Skandal, den sie ihrer Nachfolgerin vererbt hatte.
Wer aber glaubt, dieser Person - dem prominenten Opfer eines unmoralischen Angebots des "Krone"-Herausgebers - würde nun Wiedergutmachung zuteil, der irrt. Mit der Erteilung der Antwort auf ihren offenen Brief, die Dichand bis heute schuldig geblieben ist, wurde am Wochenende Michael Jeannée betraut, der es in gewohnt sachlicher Weise, beeindruckt von Ihrer nonchalanten Inkompetenz und wenig herzlich anging. In Mali, irgendwo in der sengenden Wüste - 50 Grad im Schatten, kaum Trinkwasser, eiskalte Nächte - bangen seit 117 Tagen die Salzburger Geiseln Andrea Kloiber und Wolfgang Ebner um ihr Leben. Ein Drama, das eindeutig in Ihren Zuständigkeitsbereich fällt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und ein Drama, in dem Sie in der Tat zur "Heldin" avancieren könnten. Dann nämlich, wenn Sie Ihre Arbeit täten, statt offene Briefe . . . und so weiter und so fort.