Die Stadtregierung hat das Problem Hundekot im öffentlichen Raum lange ignoriert. Inzwischen ist der soziale Druck auf Hundebesitzer gestiegen. Kotfrei ist Wien aber noch immer nicht

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Zwei Jahre nach der "Hundstrümmerlpetition" liegen auf Wiener Gehsteigen und Parkanlagen noch immer jede Menge Hundehaufen herum. Umweltstadträtin Ulli Sima (SP) setzt weiterhin auf Info-Kampagnen mit dem kleinen süßen Terrier – sehr zum Ärger der Opposition.

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Wien – Anfangs versuchte es die Wiener Stadtregierung noch mit gutem Zureden. Nachdem im Frühling 2006 eine Hand voll junger Mütter aus Wien-Brigittenau fast 160.000 Unterschriften gegen die "Verkotung der Stadt" gesammelt hatten, bat ein süßes Hunderl auf Plakaten, Pickerln und in Zeitungsinseraten, ein Sackerl für sein Gackerl zu verwenden. Inzwischen ist man vom freundlichen Bitten zur dezenten Strafandrohung übergegangen. Denn diesmal steht auf der Tafel, das der Jack-Russel-Terrier im Maul hat, "Sind dir 36 Euro wurst?". 25.000 sogenannter Wiesenstecker lässt Umweltstadträtin Ulli Sima (SP) in den nächsten Tagen auf innerstädtischen Grünflächen verteilen. 50.000 Stück bestellte man insgesamt, 90.000 Euro kosten die Papp-Teile in Hundeform. Die Wiesenstecker sollen daran erinnern, dass es nicht nur rücksichtslos, sondern auch strafbar ist, Hundedreck im öffentlichen Raum liegenzulassen.

Jahrelang ignoriert

Dass das noch immer nicht allen Wienern klar ist, liegt daran, dass die Stadtregierung das Problem jahrelang ignoriert hat – man wollte es sich mit dem hundenärrischen Teil der Wähler nicht verscherzen.

Erst als Petra Jens mit ein paar befreundeten Jungmüttern die "Hundstrümmerlpetition" starteten – und einen beachtlichen Erfolg einfuhr – sah man Handlungsbedarf. Der soziale Druck ist seit der ersten Anti-Hundekot-Kampagne tatsächlich gestiegen: Inzwischen trauen sich die meisten Hundebesitzer nur noch nachts, Hundehaufen liegenzulassen. An Zahlen lässt sich der Erfolg der Wiener Hundebesitzer-Erziehungskampagne allerdings nicht festmachen: Sima hat es bisher abgelehnt, Stadtgärtner und Straßenreinigungspersonal Kothaufen zählen zu lassen. "Wir merken deutliche Erfolge, sind aber noch nicht dort, wo wir hinwollen", sagt die rote Umweltstadträtin.

Blick ins Ausland

Irgendwann müsse es in Wien – genauso wie in anderen europäischen Städten – ganz selbstverständlich sein, Hundehaufen wegzuräumen, sagt Sima. "Wir setzen dabei auf eine Doppelstrategie. Zum einen stehen 1780 Hundesackerlspender zur Verfügung. Zum anderen kontrollieren seit Februar die Waste-Watcher die Einhaltung des Wiener Reinhaltegesetzes." Die Zahl der Müll-Polizisten ist dabei allerdings einigermaßen überschaubar. Gerade einmal 30 Vollzeit-Waste-Watcher sind derzeit in Wien unterwegs. 60 weitere Stadtbedienstete absolvierten die Zusatzausbildung und strafen nebenberuflich ignorante Hundehalter ab. Bisher hat die Sauberkeitskontroll-Truppe knapp 190 Organstrafverfügungen ausgestellt. Bis nächstes Jahr soll sich die Zahl der Waste Watcher auf 150 erhöhen.

Der Großteil der Wiesenstecker, die vergangenes Jahr zum Einsatz kamen, waren binnen weniger Tage wieder aus dem Stadtbild verschwunden – viele Wiener schlossen den kleinen Papp-Hund derart ins Herz, dass sie ihn mit nach Hause nahmen. "Wir hoffen, dass der Sättigungsgrad diesbezüglich erreicht ist und die Leute sie künftig stecken lassen", sagt Sima. Die Rathausopposition hält wenig von Simas Hundekot-Bekämpfungsmaßnahmen.

"Steuergeldverschwendung mit sinnlosen Wiesensteckern zu betreiben, die ohnehin als Souvenir in irgendwelchen Privatgärten landen, wird das Problem nicht lösen. Und auch keine englisch titulierten Wachorgane, die personell unterbesetzt sind", sagt Norbert Walter, Landesgeschäftsführer der ÖVP Wien. Er fordert eine "gut ausgestattete Stadtwache". Claudia Smolik, Tierschutzsprechern der Grünen Wien, wirft Sima vor, Waste-Watcher und Hundekotbekämpfung als "reine PR-Gags" zu betrachten. (Martina Stemmer, DER STANDARD Printausgabe, 8.7.2008)