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Wilhelm Molterer knüpft Koalitionsangebote an die Zustimmung zur EU.

Foto: Reuters/Foeger
STANDARD: Herr Vizekanzler, glauben Sie, dass die Bevölkerung Sie wählt, weil Sie gegen EU-Volksabstimmungen sind?

Molterer: Nein. Die Entscheidung, zu sagen, es reicht, habe ich getroffen, weil die Arbeit in der Bundesregierung nicht mehr möglich gewesen ist. Die Themen, die gefragt sind, sind jene, wo die Menschen Sorgen haben: der Kampf gegen die Teuerung, die Sicherheitspolitik, die Arbeitsplatzfrage, leistbare Pflege. Wir brauchen daher Klarheit in der Politik, verlässliche Partner, Ehrlichkeit. Man kann nicht mehr versprechen, als man halten kann. Natürlich hat Österreich in der europäischen Perspektive Zukunft. Aber die Summe ist es, die mich zu diesem Schritt veranlasst hat. Und ich bekomme dafür breite Zustimmung der Leute, egal wo ich heute hingekommen bin.

STANDARD: Wahlkampfphasen sind immer auch Koalitionsspekulationsphasen. Ist die FPÖ für Sie nach der Wahl ein potenzieller Partner?

Molterer: Ich bin gerade erst in Gesprächen mit der SPÖ, die Neuwahlen gemeinsam zu machen. Darauf konzentriere ich mich jetzt. Ich sage aber auch klar: Wer für den Austritt aus der EU ist und Europa infrage stellt, kann kein Partner sein.

STANDARD: Ja, aber trifft das aus Ihrer Sicht auf die FPÖ zu?

Molterer: Sie brauchen ja nur nachzulesen, natürlich. So wie FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache das macht, ist ganz klar: Wer Europa infrage stellt, kann kein Partner sein.

STANDARD: War es eigentlich schwierig, in Ihrer Partei mit dem Vorschlag, sofort Neuwahlen auszurufen, durchzukommen?

Molterer: Das liegt in meiner Verantwortung. Es gibt natürlich auch Stimmen, die meinen, man sollte es noch einmal probieren. Nur: Ich hab’s probiert, mit aller Kraft. Ich hab’s bei der Regierungskrise zu Ostern probiert, ich habe es zu Jahresbeginn probiert. Aber ich will einfach nicht, dass die Krise der SPÖ zu einer Krise für Österreich wird. Daher ist das meine Entscheidung, meine Verantwortung.

STANDARD: Steht es eigentlich schon definitiv fest, dass Sie die ÖVP als Spitzenkandidat in die bevorstehende Nationalratswahl führen werden?

Molterer: Ja.

STANDARD: Und das sehen alle Ihre Parteikollegen auch so?

Molterer: Ja.

STANDARD: Mit welchen Themen gehen Sie in die Wahl?

Molterer: Das kommt schon noch. Wir werden einen kurzen, intensiven Wahlkampf führen. Ich weiß genau, was ich will. Aber wichtig ist für mich: Klarheit und Verlässlichkeit.

STANDARD: Haben Sie keine Angst, bei sozialpolitischen Themen gegenüber der SPÖ ins Hintertreffen zu geraten?

Molterer: Die ÖVP hat in der Sozialpolitik viel weitergebracht. Denken Sie an die Familienpolitik, das Kindergeld. Die Sozialpolitik hat bei mir natürlich höchste Priorität – genauso wie die Beschäftigung. (DER STANDARD, Printausgabe, 8.7.2008)