Bereits der eher sperrige Untertitel "Grenzen und Kongruenzen" macht deutlich, dass dieses mit drei Millionen Euro subventionierte Festival vom vornehmlich Grazer Kulturbetrieb nicht so sehr für die Bevölkerung realisiert wurde: Die "regionale" verstehen die Macher (Feldbachs Bürgermeister Kurt Deutschmann übernahm die Koordination) als Einladung, den Landstrich rund um Zotters Schokoladenmanufaktur kennenzulernen.
Alexander Kada und Gerolf Wicher (Gesamtkonzeption, Produktionsleitung) bieten daher einen ästhetischen Fremdkörper als Orientierungshilfe an: Alle paar Hundert Meter ließen sie auf den Asphalt - das Straßennetz ist rund 100 Kilometer lang - das Logo der "regionale" kleben. Und dieses ist eine präzise Umsetzung des Mottos: Da die Kalligrafie über Jahrhunderte im Orient die bildende Kunst ersetzte, verwendet Kada, hauptberuflich Designer, den arabischen Schriftzug des Wortes Diwan (oder ein Fragment) als Bild.
Tausend und eine Spur
Als Hänsel und Gretel verliert man nicht den Weg. Und wird in der Tat zu erstaunlichen Orten geführt. Eben zum Schloss Hainfeld mit seinem idyllischen Arkadenhof. Durch die imposante Bibliothek führt eine Ausstellung, die sich mit Leben und Wirken des Orientalisten Hammer-Purgstall beschäftigt. Nebenan zeigt die Fotografin Christine de Grancy nicht nur die Ergebnisse ihrer Auseinandersetzung mit dem Orient (Tausend und eine Spur), sondern auch ein liebevolles Porträt der mittlerweile verstorbenen Schlossbesitzerin Cleo Hammer-Purgstall.
Die Eröffnung am Freitagabend fand aber in der ebenfalls erstaunlichen, Arena-artigen "Grenzlandhalle" statt, die, um den drohenden Abriss zu verhindern, unter Denkmalschutz gestellt werden sollte: Dort fanden bis vor einigen Jahren die Auktionen des Fleckviehzuchtverbandes statt. Und dort gaben STS ihr erstes Konzert. In Anspielung auf den Erfolg, den die Gruppe in den 80er-Jahren feierte, meinte Flecker: "Ihr werdet noch sehen, was aus der ,regionale' wird!"
Der Landesrat strotzte vor Optimismus: Der Brückenschlag zwischen Orient und Okzident werde nur gelingen, wo das Regionale ist, wo das Arrangement zum Zusammenleben führe. Aber, wie der Bürgermeister einbekennen musste: In Feldbach (mit einem recht hohen Prozentsatz an Migranten) gibt es vor allem ein Nebeneinander. Und das war auch zu spüren: Die Grazer Kulturkarawane blieb vor allem unter sich. Man belächelte sanft die Interventionen von Erwin Posarnig und lauschte, wie der Jägerchor Volkslieder sang - begleitet von Rainer Binder-Krieglstein (Elektronik und Schlagzeug). Auch eine Grenzüberschreitung.
Nebenan, im Kunsthaus, präsentiert Alexandra Riewe unter dem Titel Orientierungen eine politisch brisante Ausstellung über die aktuelle Auseinandersetzung mit dem arabischen Raum. Der Kompass von Andreas Heller bietet dabei keine Orientierung: Der Pfeil ändert permanent die Richtung.