Mit der neuen Regelung entfällt die Erbschafts- und Schenkungssteuer. Davon profitieren vor allem entfernte Verwandte und uneheliche Lebenspartner.

Collage: STANDARD/Beigelbeck
Erika Reither wohnt bereits seit mehr als fünfzig Jahren in ihrer Wohnung in Wien-Hütteldorf. Hier hat sie ihre Kinder großgezogen, und hier möchte sie auch bis ans Ende ihres Lebens bleiben. Früher einmal hat ihr das ganze Haus gehört, nach dem Ableben ihres Mannes aber hat sie es ihren Kindern geschenkt und sich selbst ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt. Das ist eine bislang beliebte Methode, um Steuern zu sparen, denn die Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts vermindert die Steuerbemessungsgrundlage. Das Gleiche gilt übrigens auch fürs Fruchtgenussrecht: In diesem Fall darf der ehemalige Eigentümer sogar weitervermieten, wobei alle Erträge und Lasten bei ihm bleiben.

Mit dem 1. August 2008 fällt die Erbschafts- und Schenkungssteuer in Österreich weg. "Damit ist Schenken oder Vererben nicht mehr primär eine steuerliche Frage", sagt Thomas In der Maur, Immobilienexperte der Wiener Anwaltskanzlei Höhne, In der Maur und Partner. "Bei den Überlegungen ist man freier, weil die steuerliche Betrachtungsweise weit in den Hintergrund rückt." Bei der Weitergabe von Immobilien in Form von Schenkung oder Vererbung ist von nun an lediglich die Grunderwerbssteuer zu zahlen. Die Berechnungsgrundlage dafür ist der dreifache Einheitswert. In der Regel beträgt die Grunderwerbssteuer 3,5 Prozent dieses Wertes, unter Nahverwandten nur zwei Prozent.

"Durch Gegenleistungen wie das Einräumen eines Fruchtgenusses kann die Grunderwerbssteuer auch weiterhin erhöht oder verringert werden", erklärt Thomas In der Maur. Der Unterschied sei jedoch gering und sollte bei den Überlegungen, ob ein Haus oder eine Wohnung verschenkt oder vererbt werden soll, keine Rolle mehr spielen. Die Frage, ob man sein Hab und Gut gänzlich vererbt oder nur verschenkt und sich zu Lebzeiten noch ein Fruchtgenussrecht einbehält, ist vor allem eine persönliche Entscheidung.

Meldepflicht bei Schenkung

Der größte Vorteil der neuen Regelung: Mit dem Wegfall der Erbschafts- und der Schenkungssteuer kann Vermögen auch an nicht- eheliche Lebenspartner ohne steuerliche Bedenken weitergegeben werden. "Es besteht kein steuerlicher Anreiz mehr, Vermögen innerhalb der Familie zu erhalten", so In der Maur.

Um Missbrauch zu vermeiden, besteht zwischen Angehörigen für alle Schenkungen ab 75.000 Euro pro Jahr eine Meldepflicht bei der Finanzbehörde. Schenkungen zwischen Fremden müssen bereits ab einem Gesamtbetrag von 15.000 Euro gemeldet werden. Innerhalb von drei Monaten müssen der Schenker, der Beschenkte, aber auch die in den Schenkungsvorgang involvierten Anwälte und Notare einen solchen Vorgang gemeldet haben. Unterbleibt diese Meldung, drohen Geldstrafen in Höhe von bis zu zehn Prozent des übertragenen Wertes. Ausgenommen von dieser Meldepflicht sind lediglich Grundstücke, da sie bereits der Grunderwerbssteuer unterliegen.

Nachteil für hochwertige Immobilien

Ungewiss ist, wie lange sich diese steuerfreien, nahezu paradiesischen Zustände halten werden. Einige Experten raten daher, die jetzige Situation sofort auszunutzen. Doch nicht alle Geschenknehmer profitieren von der neuen Regelung. Vor allem für hochwertige Immobilien kann die neue Regelung von Nachteil sein. Bislang war es möglich, mit einer Schenkung eine Neubewertung der Immobilie vorzunehmen und damit eine Vervielfachung der jährlichen Abschreibungsposten und eine somit enorme Steuerersparnis zu erreichen. Diese Aufwertung auf den Verkehrswert ist ab 1. August nicht mehr möglich.

Durch die Änderung der steuerlichen Situation könnten viele Testamente veraltet sein und sollten überdacht werden, rät In der Maur. "Die Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungssteuer ist ein guter Grund, sich zu überlegen, wie man sein Eigentum weitergeben möchte." Vier Wochen lang gibt es die Erbschaftssteuer noch. Verstirbt der Erblasser noch im Juli, müssen die Erben diese zahlen - ganz gleich, zu welchem Zeitpunkt die Erbschaft angenommen wird. (Anne Isopp, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5./6.7.2008)