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Claudia Bandion-Ortner führte den Bawag-Prozess, 117 Tage lang.

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Strafrichterin Claudia Bandion-Ortner hat am Freitag die Urteile im Bawag-Prozess gesprochen und damit wohl zur Abschreckung potenzieller Wirtschaftskrimineller beigetragen. In Summe hat die Richterin 35,5 Jahre Haft über die neun Bawag-Angeklagten verhängt – Teile davon allerdings bedingt. Damit wurde der größte Wirtschaftsprozess der Zweiten Republik vorläufig beendet.

An große Wirtschaftscausen ist Bandion-Ortner, die in Graz studiert hat und nach ihrer Ausbildung eher zufällig in der Abteilung für Wirtschaftsfälle gelandet ist, gewöhnt. Sie hat 1999 das Strafverfahren gegen jene Männer rund um Hermann Gerharter geführt, die den Konsum Österreich in die Pleite geführt hatten. Dafür hatte sie 121 Aktenbände mit mehr als 60.000 Seiten studieren müssen.

Ausgefasst hatte Ex-Konsum-Chef Gerharter damals eine unbedingte Geld- und eine bedingte Freiheitsstrafe. Und am 101. Tag im Bawag-Prozess standen sich Gerharter und Bandion-Ortner erneut gegenüber: Gefällt wurde das Urteil im Fall "Plastiksackerl-Kredit" , den Elsner an den Ex-Konsum-Chef vergeben hatte. Wieder wurde Gerharter verurteilt: zwei Jahre Haft, davon 18 Monate bedingt.

In ihrem Konsum-Urteil zeichnete die laut Kollegen "bestens organisierte, kompetente und mutige Frau" Richterin auf 200 Seiten ein detailliertes wirtschaftspolitisches Sittenbild des zu Staub zerfallenen "Roten Riesen" . Die schriftliche Ausarbeitung der Bawag-Urteile wird wohl mindestens den doppelten Umfang haben, die Erstellung vier, fünf Monate dauern – sofern die Richterin nicht zwischenzeitlich für andere Causen herangezogen wird. Im Laufe des Bawag-Prozesses war die "Frau Rat" etwa auch für den Journaldienst am 15. Juni während der Fußball-Europameisterschaft eingeteilt.

Bauchweh vor dem großen Bawag-Auftritt hatte die Richterin nicht. "Mit Angst im Bauch könnte man den Job mit Wirtschaftscausen nicht machen" , gab Bandion-Ortner unlängst zu Protokoll. Ihre Rolle im Bawag-Prozess blieb allerdings nicht kritiklos. Wegen ihrer Auftritte bei Society-Events etwa wurden Misstöne laut, auch das Gericht hat dieses Auftreten nicht goutiert.

Mit dem Großen Schwurgerichtssaal ist die Frau eines Kriminalbeamten bestens vertraut – hat sie doch dort anno 2002 selbst "lebenslang" ausgefasst. Denn wo etwa Udo Proksch oder Helmut Frodl verurteilt wurden, hat die Richterin den Bund fürs Leben geschlossen. (Bettina Pfluger/DER STANDARD, Printausgabe, 5.7.2008)