Wien/Wiener Neustadt - Kommenden Montag soll ein Wiener Neustädter Haftrichter zum bereits wiederholten Mal entscheiden, ob die seit mehr als sechs Wochen in U-Haft sitzenden zehn Tierschützer weiter eingesperrt bleiben. Es sei denn, das Wiener Oberlandesgericht weist ihre Beschwerden vorher als unbegründet zurück.

Den Aktivisten wird unter anderem Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation nach Paragraf 278a vorgeworfen: einer Regelung, die laut dem Grünen Justizsprecher Albert Steinhauser dringend reformiert werden muss, "um zu verhindern, dass ziviler Ungehorsam bestraft wird". Im vorliegenden Tierschützerfall sei dies nämlich nicht auszuschließen.

Steinhauser hat einen Abänderungsantrag verfasst, der dem Standard vorliegt, und wird ihn kommende Woche im Nationalrat einbringen. Durch Einfügung, respektive Weglassung weniger Worte will er Paragraf 278a "präzisieren, sodass weiter Geldwäscher, Menschen- und Waffenhändler getroffen werden, aber keine NGOs." Kollegen aus anderen Parteien" solle zu denken geben", dass auch Amnesty International Bedenken wegen der zu breiten Auslegbarkeit des Anti-Mafia-Gesetzes habe. Teile der Zivilgesellschaft damit zu treffen, sei "sicher nicht die Intention" des Gesetzgebers gewesen.

Auch Katrin Fartacek (Grün-Alternative Jugend), Astrid Rompolt (Junge Generation Wien der SPÖ) und Alexander Willer (Verband Österreichischer Tierschutzorganisationen) schätzten Paragraf 278a bei einer Pressekonferenz in Wien als stark verbesserungsbedürftig ein. In ihre momentanen Form könne die Regelung so ausgelegt werden, dass es zu einer "Mundtotmachung der Zivilgesellschaft" komme.

"Unverhältnismäßig"

Vor allem an Polizei und Justiz wurde heftige Kritik geübt: Die inhaftierten Aktivisten wären "unverhältnismäßig" streng behandelt worden, es gebe keinen Beweis für ihre Verwicklung in die ihnen vorgeworfenen strafbaren Handlungen. Willer fordert die Justiz auf, nach wirklichen Mitgliedern krimineller Organisationen zu suchen. Man habe probiert, diese in den Tierschützern zu finden, um die Ermittlungsdauer und den damit verbundenen Kostenaufwand zu rechtfertigen. (Irene Brickner, Rebecca Ungerboeck/DER STANDARD, Printausgabe, 5.7.2008)