Die Weltwirtschaft ist ein außer Kontrolle geratener Zug, der langsamer wird, allerdings nicht schnell genug. Das schreien uns die außergewöhnlich hohen Preise für Öl, Metalle und Lebensmittel entgegen. Der spektakuläre und historische weltweite Wirtschaftsboom der letzten sechs Jahre ist kurz davor, gegen die Wand zu fahren.

Leider ist niemand, gewiss nicht in Asien oder den Vereinigten Staaten, bereit, die bittere Pille zu schlucken und dazu beizutragen, den notwendigen koordinierten Rückzug zu einem nachhaltigen unterdurchschnittlichen Wachstum zu planen, das wir brauchen, damit neue Rohstoffquellen und Alternativen aufholen können.

Stattdessen kämpfen die Regierungen darum, nicht aufrechtzuerhaltende Wachstumsschübe auszudehnen, wodurch sie die Rohstoffpreise weiter in die Höhe treiben und das Risiko einer einmaligen wirtschaftlichen und finanziellen Katastrophe steigern. Es muss nicht alles mit Schrecken enden, aber die politischen Entscheidungsträger müssen dafür schnell auf die Bremse treten, nicht auf das Gaspedal. Einige Zentralbanker erzählen uns, wir sollten uns keine Sorgen machen, da sie wesentlich disziplinierter sein werden als die Zentralbanken in den 1970er Jahren, als die Welt mit einer ähnlichen Erhöhung der Rohstoffpreise konfrontiert war. Dieses Mal ist es jedoch anders. Das Problem der Rohstoffpreise hat uns schleichend eingeholt, obwohl es überall auf der Welt beachtliche institutionelle Reformen der makroökonomischen Politikgestaltung gab.

Der historische Zustrom von Neueinsteigern zum Heer der globalen Arbeitskräfte, von denen jeder westliche Konsumstandards anstrebt, lässt das weltweite Wachstum über das Sicherheitslimit auf dem Tacho schnellen. Daher stehen wir jetzt vor Einschränkungen der Rohstoffressourcen, die wir erst für die Mitte des 21. Jahrhunderts erwartet hatten. Moment mal, werden Sie sagen. Warum kann unsere wunderbar flexible Marktwirtschaft sich nicht an diese Lage anpassen? Werden die hohen Preise nicht einfach dazu führen, dass die Menschen beim Verbrauch sparen und neue Versorgungsquellen suchen? Ja, und das passierte schließlich mit der Energieversorgung in den 1980ern. Doch braucht dieser Prozess Zeit, und aufgrund des wachsenden Anteils aufstrebender Marktwirtschaften am globalen Verbrauch wird die Anpassung länger dauern als noch vor ein paar Jahrzehnten.

Auf die Ölexporteure und China entfallen zwei Drittel des Wachstums beim Ölbedarf in den letzten Jahren. Die Verbraucher reicher Länder reagieren auf die höheren Energiepreise, und das hilft. New York City erlebte in den letzten sechs Monaten zum Beispiel eine fünfprozentige Verringerung der Pkw, die in die Stadt hineinfahren. Die Zentralbanker, die uns erzählen, wir sollten uns keine Sorgen über die Inflation machen, weisen auf die relative Lohnstabilität hin. Expansionen fangen normalerweise dann an zusammenzubrechen, wenn die Arbeitskräfte zu knapp und zu teuer werden.

Doch ist die aktuelle Expansion insofern ungewöhnlich, als der Arbeitskräftemangel aufgrund der einzigartigen Umstände (der modernen Zeit) nicht das Problem ist. Im Gegenteil, die effektive globale Menge der Arbeitskräfte schwillt weiter an.

Nein, dieses Mal stellen die Rohstoffressourcen die wichtigste Beschränkung dar und sind kein sekundäres Problem wie in der Vergangenheit. Daher werden die Rohstoffpreise einfach weiter in die Höhe schnellen, bis das Wachstum lange genug langsamer wird, damit neue Versorgungs- und Einsparmöglichkeiten den Bedarf einholen können.

Der außer Kontrolle geratene Zug der Weltwirtschaft zeigt alle Merkmale einer gewaltigen sich zusammenbrauenden Krise – finanzieller, politischer und wirtschaftlicher Art. Die Welt als Ganzes braucht eine strengere Geld- und Finanzpolitik. Es ist an der Zeit, in diesem außer Kontrolle geratenen Zug auf die Bremse zu treten, bevor es zu spät ist. (© Project Syndicate, 2008. Aus dem Englischen von Anke Püttmann, DER STANDARD, Printausgabe, 5./6.7.2008)