Lieber die Figuren selber setzen

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In einer Eurobarometer-Studie wurde 2001 unter anderem die Arbeitszufriedenheit von Angestellten und Selbstständigen in der Europäischen Union verglichen. Das Ergebnis: In dreizehn von 16 Ländern, somit auch im EU-Gesamtschnitt, waren Selbstständige mit ihrer gesamten Arbeitssituation etwas zufriedener als Angestellte. Hingegen waren in nur drei Ländern die Angestellten im Schnitt zufriedener als die Selbstständigen. Eines dieser Länder war Österreich. Österreich als Insel der Unseligen für Selbstständige? Zumindest für unser Sample von Wirtschaftsabsolventen der Abschlussjahre 1970 und 1990 lässt sich dieser Trend nicht nachvollziehen. Im Gegenteil: Selbstständige Tätigkeiten wurden sowohl in der Gesamtbetrachtung als auch in bestimmten einzelnen Zufriedenheitsdimensionen positiver bewertet als das Angestelltendasein. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse darauf hin, dass sich die Verhältnisse punkto Zufriedenheit zwischen Angestellten und Selbstständigen in manchen Aspekten verschoben haben, wenn man die „guten alten Karrierezeiten“ ab 1970 mit der Situation 20 Jahre später vergleicht. Ein Vergleich zwischen Angestellten und Selbstständigen zeigt, dass in beiden Kohorten die Gesamtzufriedenheit während der selbstständigen Tätigkeiten signifikant höher war. Auch bei bestimmten Einzeldimensionen von Karrierezufriedenheit schnitten die selbstständigen Tätigkeiten besser ab. Konkret zeigte sich dieser Effekt für die Zufriedenheit mit persönlicher Weiterentwicklung, Autonomie, Abwechslung und auch mit der Freizeit. Keine Unterschiede zwischen Angestelltenjobs und selbstständigen Tätigkeiten gab es hingegen bei der Zufriedenheit mit dem Einkommen, dem gesellschaftlichen Ansehen, der fachlichen Weiterentwicklung, sowie der beruflichen Sicherheit.

Ein bemerkenswerter Unterschied

Bei der Zufriedenheit mit dem Einkommen und dem gesellschaftlichen Ansehen zeigte sich allerdings bei einer direkten Gegenüberstellung der beiden Kohorten ein bemerkenswerter Unterschied. Während in der 1970er-Kohorte das Angestelltendasein in puncto Geld und Prestige anscheinend erstrebenswerter war, dreht sich das Bild für die 1990er-Kohorte um. Hier sind es die Selbstständigenjobs, die für eine vergleichsweise höhere Zufriedenheit mit Einkommen und gesellschaftlichem Ansehen sorgen. Dabei litten die selbstständigen Tätigkeiten in der 1970er-Kohorte kaum an geringem Ansehen (z. B. Steuerberater) oder waren schlechter bezahlt; im Vergleich zu den Angestelltenjobs sogar um einiges besser als in den 1990er-Jahren. Somit lässt dieses Resultat die Vermutung zu, dass die ab den 90er-Jahren verstärkt merkbaren Veränderungen in der Karrierelandschaft dazu geführt haben, dass selbstständige Tätigkeiten als Alternative zu immer unsichereren und perspektivenärmeren Unternehmenskarrieren zunehmend salonfähig geworden sind.(Michael Schiffinger*, DER STANDARD, Printausgabe, 5./6.7.2008)