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Großer Medienandrang bei Betancourts Pressekonferenz in der französischen Botschaft in Bogota

Foto: EPA
Paris - Die franko-kolumbianische Politikerin Ingrid Betancourt hat in ihrer mehr als sechs Jahre dauernden Geiselhaft im Dschungel nach eigenen Worten "grauenhafte" Gewalt erlebt. Sie sei gefoltert und erniedrigt worden, sagte Betancourt in einem am Freitag ausgestrahlten Interview mit dem französischen Sender Europe 1. Drei Jahre lang habe sie rund um die Uhr Ketten tragen müssen. Sie habe "schwere Krisen" durchgemacht und Misshandlungen der linksgerichteten FARC-Rebellen ertragen. "Es war so grauenhaft, dass es ihnen, glaube ich, selbst zuwider war", sagte die frühere kolumbianische Präsidentschaftskandidatin.

Als die kolumbianische Armee sie am Mittwoch befreit habe und sie den Dschungel im Hubschrauber hinter sich gelassen habe, "habe ich mir gesagt, dass diese schmutzigen Einzelheiten nicht bekanntwerden dürfen", sagte Betancourt. In solchen Situationen bedürfe es "eines starken Glaubens, um nicht zugrundezugehen". Dem Fernsehsender France 2 sagte sie: "Ich würde kein Tier so behandeln", wie sie behandelt worden sei. Was sie mit ihrer plötzlichen Freiheit nun tun werde, wisse sie noch nicht. Sie habe sich auf weitere Jahre in Gefangenschaft eingestellt und stehe noch "unter Schock". Rebellen der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) hatten Betancourt und ihre Mitarbeiterin Clara Rojas im Februar 2002 verschleppt.

Die 46-Jährige war Freitag nach Paris geflogen. Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni holten Betancourt am Flughafen abholen und die Befreiung mit dutzenden Gästen im Elyséepalast feiern. Die ehemalige kolumbianische Senatorin hatte unmittelbar nach der Befreiung gesagt, sie wolle so schnell wie möglich nach Frankreich zurückkehren. Betancourt war dort aufgewachsen und zur Schule gegangen; ihre beiden Kinder stammen aus erster Ehe mit einem Franzosen und leben in Paris.

Die Farc ist "am Ende"

Ingrid Betancourt hat nach ihrer Freilassung die linksgerichtete Guerrillagrupp Farc aufgerufen, all ihre Geiseln freizulassen. Auf einer Pressekonferenz in Bogota betonte sie, dass die Farc nun die Möglichkeit hätte, den Weg in Richtung Frieden einzuschlagen. „Ich hoffe, die Farc versteht, dass es nun Zeit ist alle ihre Geiseln freizulassen.“ Ein solcher Schritt wäre gleichzeitig ein erster in Richtung Friedensverhandlungen, sagte die Politikerin weiter.

Die Farc ist mit rund 17.000 Mitgliedern die größte kolumbianische Rebellenorganisation. In den vergangenen Monaten hatten sich mehrmals Kämpfer von der Rebellenorganisation losgesagt und die kolumbianische Armee offenbar mit Informationen versorgt. Den Rebellen bleibt jedoch auch noch Betancourts Freilassung ein wichtiges Druckmittel: Sie halten noch zwischen 700 und 1.000 Geiseln gefangen.

Betancourt unterstrich, die Farc sei nun „am Ende“. Auch betonte sie, dass sie unermüdlich für die Befreiung aller Geiseln arbeiten würde. „Ein rascher Friedensprozess zu gleichen Bedingungen auf beiden Seiten“ sei nun nötig, „ein Friedensprozess ohne Straflosigkeit“, wie sie betonte. (red/APA)