Wien - Anlegerschützer wie IVA-Chef Wilhelm Rasinger sprechen von einem "Mega-Finanzskandal, der noch seine Zeit brauchen wird, bis er entsprechend auseitert", der Justizsprecher der SPÖ, Hannes Jarolim, von einer der "bedauerlichsten Entwicklungen am heimischen Kapitalmarkt." Beide forderten am Donnerstag, Lehren aus der Causa Meinl/MEL zu ziehen.

Die in Wien börsenotierte, aber auf der Kanalinsel Jersey ansässige Meinl European Land (MEL) verweist seit Ausbruch der Turbulenzen im Vorjahr regelmäßig darauf, dass für sie Jeresey-Recht gelte, zuletzt betrachtete die unmittelbar vor dem Verkauf an Gazit/Citi-Fonds stehende MEL auch das österreichische Übernahmegesetz auf sich nicht anwendbar.

Was dagegen spricht, dass der österreichische Gesetzgeber klarstellt, dass für in Österreich börsenotierte Firmen einfach österreichisches Recht gilt? "Nichts", sagte Jarolim am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Es sei ja auch undenkbar, dass in New York bösenotierte Firmen sagten, für sie gelte Bermuda-Recht, bemerkte Jarolim.

Jarolim fordert Novelle

Es müsse eine Novelle geben, meint der SP-Justizsprecher. Er sprach von Überzeugungsarbeit in der Koalition. Ihm schwebt die Schaffung einer "zentralen Norm" vor, nach der für Börsefirmen in sämtlichen Materien die entsprechenden Gesetze anzuwenden seien.

Für Rasinger ist es "bezeichnend, dass wir über so etwas überhaupt diskutieren müssen". Er ist dagegen, Konstrukte wie die von MEL in Österreich überhaupt zur Börse zuzulassen. Er sehe gar keine Notwendigkeit, dass an der Wiener Börse Gesellschaften notieren (Alleinnotierung, Anm.), die nicht in Österreich ihren Sitz haben, sagte Rasinger heute in einer Pressekonferenz mit Jarolim. "Die Handvoll, die wir hier haben, haben nur Probleme gemacht. Es gibt keinen zwingenden Grund, solchen Gesellschaften hier die Notiz zu ermöglichen", findet der Anlegerschützer.

Dass die MEL ihre (den Verkauf entscheidende) Hauptversammlung auf Jersey macht, sieht er als weitere Verhöhnung der Anleger. "Unzumutbar" sei, dass die von den Kursverlusten ohnedies schon hart getroffenen Kleinanleger tausende Euro Kosten hätten, um ihr Recht wahrnehmen zu können.

"Verbrecherjagd mit Spritzpistole und Fahrrad"

"Diese Meinl-Sache erfüllt mich mit großer Sorge", sagte Rasinger heute. Für ihn sei nicht der "große Finanzskandal MEL" an sich das Problem. Finanzskandale gebe es in anderen Ländern auch. Problematisch sieht er auch, wie von Behördenseite damit umgegangen werde. Er wisse nicht, was intern geschehe, nach außen sei nichts sichtbar. Die Zahnlosigkeit der Finanzmarktaufsicht (FMA) vergleicht er mit einer "Verbrecherjagd mit Spritzpistole und Fahrrad." Die Strafen seien viel zu gering. Im Zusammenhang mit der jetzigen Amtshaftungspraxis warnte er vor der Gefahr, dass man jetzt schon nur ein Versäumnis der Behörden konstruiert.

Wie von Nationalbank und FMA in der Vorwoche gefordert, so tritt auch Jarolim dafür ein, der Aufsicht zur "zeitnahen" Informationsbeschaffung Instrumente wie Hausdurchsuchungen zur Hand zu geben. "Jetzt nach einem Jahr garantiere ich Ihnen, dass ein Großteil der Unterlagen und Beweismittel nicht mehr da ist", meinte Rasinger. Es gelte selbstverständlich die Unschuldsvermutung, ergänzte er.

"Reparaturbedürftig" sieht SP-Justizsprecher Jarolim die Prospekt-Reglements. Zumindest die Zusammenfassung wichtigster Punkte eines Börseprospekts sollten auf Deutsch erhältlich sein, findet er. Er kann sich hierbei eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte nach einem von der Wiener Börse abgefassten Musterformular vorstellen.

Urgiert wurde heute auch ein Ethik-Kodex für Manager von Unternehmen im Prime Market. Dieser sollte generell fixer Bestandteil von Manager-Dienstverträgen sein. (APA)